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Heimatpflege Traditionsensemble sucht Mitstreiter

Seit 70 Jahren pflegt die Harzer Heimatgruppe das gemeinsame Musizieren. Nun blickt das Ensemble hoffnungsvoll auf die Zeit nach Corona.

Von Karoline Klimek 29.06.2020, 01:01

Elbingerode l Jeden Dienstagabend treffen sich die Sängerinnen und Sänger der Harzer Heimatgruppe Elbingerode im örtlichen Vereinshaus, um gemeinsam zu musizieren. Diese regelmäßige Geselligkeit fehle zur Zeit, erzählt die Vereinsvorsitzende Petra Kassebaum. Denn normal Proben darf das Ensemble aktuell nicht. „Wir warten auf den Startschuss, dass wir wieder in unser Vereinsheim können“, sagt sie.

Aktiv sei der gemischte Chor dennoch. Manchmal werde einfach auf einer Wiese mit genügend Abstand gesungen. „Wir haben zu einem 80. Geburtstag ein kleines Ständchen gesungen. Da haben wir uns auf einer Wiese getroffen, natürlich mit dem nötigen Abstand“, erzählt Chorleiter Fabian Bartel. „Das hat auch ganz gut getan.“

Denn das Ensemble lebe von der Gemeinschaft. „Das ist ein Laienchor, da zählt die Geselligkeit. Die darf nicht zu kurz kommen“, weiß der 27-Jährige. Deshalb werde auch viel außerhalb der Proben unternommen. „Traditionell feiern wir ein Walpurgisfest, aber das ist in diesem Jahr ausgefallen“, geht Petra Kassebaum ins Detail. Hinzu kämen die Weihnachtsfeier und gemeinsame Ausflüge oder Busfahrten. „Zu DDR-Zeiten war das mehr. Da sind wir auch nach Frankreich gefahren oder in die Tschechei und haben den freundschaftlichen Austausch gepflegt“. Das habe über die Jahre aber nachgelassen.

Geblieben sei die Freude an der Musik, dem gemeinsamen Musizieren, erzählt Fabian Bartel. Und dass das verbindet, zeigt seine eigene Geschichte. „Ich bin mit Folkloremusik groß geworden. Meine Oma singt immer noch im Chor, meine Mutter hat früher auch mitgemacht. So bin ich auf natürliche Weise rangeführt worden“, erinnert er sich. Seit seiner Einschulung singe er in der Heimatgruppe, habe allerdings als Jugendlicher den Kontakt verloren und stattdessen in Bands gespielt. „Aber so richtig losgekommen bin ich nie ganz.“

Seit Februar dieses Jahres hat Fabian Bartel die Leitung der Heimatgruppe übernommen, für die er bisher stellvertretend zuständig war. Vorgänger Udo Waskewitz hatte laut der Vereinsvorsitzenden Petra Kassebaum zuvor nach Differenzen seinen Posten abgegeben. Hintergrund war die Frage, ob Mitglieder des Vereins Weda Elysia im Ensemble singen dürften. Da diesen aber rechtsextreme Tendenzen nachgesagt werden, gab es Spannungen im Ensemble (die Volksstimme berichtete). Waskewitz habe sich für den Eintritt der neuen Sänger eingesetzt, „das Herzstück des Chores wollte das aber nicht“, sagt Petra Kassebaum. Er habe sein Amt dann aus persönlichen Gründen niedergelegt.

Dass Fabian Bartel die Leitung übernehmen konnte, verdanke er der Heimatgruppe, die ihn bei seiner Chorleiterausbildung am Kloster Michaelstein unterstützt habe. 2018 habe er die erste der sogenannten C-Prüfungen erfolgreich abgelegt, 2019 folgte die zweite Stufe und damit die Befähigung, ein Laienensemble zu leiten.

Dieser Herausforderung stelle er sich gern. „Je länger man sich mit dem Thema Chorleitung beschäftigt, desto mehr entwickelt man auch einen Anspruch hinsichtlich der Qualität des Gesangs. Es macht Spaß, immer neue Dinge zu entdecken und diese umzusetzen“, beschreibt der 27-jährige Elbingeröder seine Erfahrungen. Es sei eine gute Schule für ihn, weil er lerne, was gehe und was eben auch nicht.

Mit dem Chorleiterwechsel stand das Ensemble allerdings vor einer neuen Herausforderung, denn Udo Waskewitz übernahm auch die Akkordeonbegleitung. Und diese gehöre zur traditionellen Harzer Musik dazu, wie Vereinsvorsitzende Petra Kassebaum erklärt. „Es wäre schön, wenn wir jemanden finden würden, der diesen Part übernehmen könnte“, meint sie.

Das hofft auch Fabian Bartel. Vor allem, um den früheren Chorleiter Hans-Wilhelm Vogt und dessen Werk zu ehren. Dieser hatte das Ensemble 1960 übernommen und jahrzehntelang auch durch Arrangements und Kompositionen seine Handschrift hinterlassen. „Viele seiner Titel, die wir noch heute singen, leben vom Akkordeon. Das ist ein sehr wichtiger Bestandteil. Deshalb ist es elementar wichtig, dass sich dafür jemand findet“, beschreibt der junge Dirigent.

„Ich habe zwar in der Probe ein Klavier, auf dem ich begleiten kann, und für Auftritte haben wir uns ein Keyboard zugelegt, womit man das notdürftig imitieren kann. Aber es ist nicht authentisch, es ist nicht dasselbe.“ Gesucht wird jemand, der dienstags von 20 bis 21.30 Uhr zu den Proben kommen sowie die Auftritte mitgestalten kann. „Er muss kein Vollprofi sein, aber lernbegierig“, so Fabian Bartel.

Musikalisch stehen in der Heimatgruppe Harzer Lieder, Jodler, Volksweisen und solistische Beiträge im Repertoire. „Wir pflegen auch das Birkenblattblasen und bauen Peitschenknaller ein, wenn es passt“, beschreibt Petra Kassebaum. Zudem werden Jagdhornstücke und Mundart-Geschichten in die Programme eingebunden. Präsentiert wird das Erlernte unter anderem in Altersheimen in Elbingerode und Wernigerode, auf Stadtfesten und Weihnachtsmärkten. „Wo sich was bietet, nehmen wir es mit“, sagt die gebürtige Neuwerkerin.

In dem Chor seien derzeit rund 25 Frauen und Männer aktiv. Nicht nur stimmlich sei das Ensemble gemischt. Von 30- bis 80-Jährigen, von Lehrern über Handwerker bis Rentner seien verschiedene Alters- und Berufsgruppen vertreten, wie Kassebaum aufzählt.

Auch der langjährige Leiter Hans-Wilhelm Vogt lasse es sich mit seinen 88 Jahren nicht nehmen, das Ensemble zu unterstützen. „Je nachdem, wie es seine Gesundheit erlaubt, kommt er mal zum Übungsabend und gibt hier und da ein paar Hinweise. Wir sind froh, dass wir den Kontakt zu ihm nicht verloren haben“, erzählt die Vereinsvorsitzende. „Weil es auch sein Vermächtnis ist.“

 

Interessierte Akkordeonisten können sich melden bei Petra Kassebaum unter der Rufnummer (0151) 40 00 50 65, per E-Mail pekassebaum@web.de oder bei Edelgard Meyer, Telefon (039454) 421 24.