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Dialog "Der Dolmetscher": Skurriles Roadmovie mit Simonischek

Das unkonventionelle Roadmovie "Der Dolmetscher" führt zwei Menschen zusammen, die sich niemals begegnet wären, hätte der eine nicht den Vater des anderen umbringen wollen. Aus dieser skurrilen Grundidee entspinnt sich ein noch skurrilerer Film.

Von Antje Wessels, dpa 19.11.2018, 10:23

Hamburg (dpa) - Kenner des osteuropäischen Kinos dürften im Anbetracht von "Der Dolmetscher" schnell frohlocken: Das tragikomische Roadmovie vereint zwei der bekanntesten Regisseure ihres jeweiligen Landes.

Martin Šulík ("Der Garten") gilt als der populärste Filmemacher der Slowakei, der für seine Nation bereits ins Oscar-Rennen ging. Der Tscheche Jirí Menzel ("Liebe nach Fahrplan") konnte den Goldjungen sogar schon mit nach Hause nehmen. Darüber hinaus spielt der seit seiner Performance in Maren Ades Ausnahmefilm "Toni Erdmann" eine Art Renaissance erlebende Österreicher Peter Simonischek eine der beiden Hauptrollen.

Der einsame Rentner Ali (Menzel) begibt sich mit einer geladenen Waffe zum Haus eines ehemaligen Nazi-Schergen, der im Zweiten Weltkrieg an der Ermordung seiner Eltern mitgewirkt haben soll. Dort angekommen trifft er allerdings nur auf dessen Sohn Georg (Simonischek), der ihm versichert, dass sein Vater schon lange tot sei. Ali tritt bereits zum Rückzug an, da kommen die beiden Männer ins Gespräch und beschließen, gemeinsam einen Ausflug zu machen.

Der als Dolmetscher arbeitende Ali soll für Georg einige Zeilen übersetzen, doch schon bald geht es ihnen nicht mehr bloß um den Auftrag. Die zwei stellen immer mehr Gemeinsamkeiten fest; der Krieg hat sie beide auf ihr ganz persönliche Weise verändert und nun müssen sie versuchen, jeder für sich damit klarzukommen.

"Der Dolmetscher" lebt von den Gesprächen, die das Autorenduo aus Marek Lescák ("Nuna") und Martin Sulík den beiden Hauptfiguren in den Mund legt. Es geht um den Krieg, um die Folgen für sie und ihre Familie, um das Land, in denen sie jetzt leben, die Menschen - sie reden, im wahrsten Sinne des Wortes, über Gott und die Welt. Die dabei aufgegriffenen Themen sind auf die Dauer allerdings so breit gestreut, dass die Geschichte ihren Fokus verliert. Irgendwann ist es egal, wie die Männer zueinander stehen, es könnten auch zwei einander lang bekannte Freunde sein.

Das zeigt sich auch in ihrer Interaktion mit den vielen verschiedenen Menschen, denen sie auf ihrer Reise begegnen. Am einprägsamsten ist das Aufeinandertreffen mit zwei jungen Damen, das so lüstern ausfällt, wie man es eher aus einer altbackenen Komödie gewohnt wäre. Die der Geschichte innewohnende Melancholie bringt bis zum Schluss nur Jirí Menzels Ali halbwegs glaubhaft zum Ausdruck. Simonischeks Spiel dagegen könnte auch in jedem anderen Film seinen Platz finden.

"Der Dolmetscher" spielt hauptsächlich in Osteuropa; entsprechend trist gestaltet sich die optische Aufmachung. Und auch eine als Twist angelegte Überraschung im letzten Drittel wird mit so wenig Elan vorgetragen, dass man spätestens an dieser Stelle das Interesse an Alis und Georgs Eskapaden verlieren dürfte.

Der Dolmetscher, Slowakei/Tschechien/Österreich 2018, 113 Min., FSK o.A., von Martin Sulík, mit Peter Simonischek, Jirí Menzel.

Der Dolmetscher