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Kinodebüt "Prélude" oder das Drama des begabten Klavierspielers

Vom begabten Klavierspieler Zweifler: In Sabrina Sarabis Kinodebüt leidet der Protagonist an Leidensdruck und Versagensängsten. Schnell gerät er daraufhin in eine Spirale aus Ehrgeiz und Hass.

26.08.2019, 10:21

München (dpa) - Eigentlich macht David alles richtig. Seine Finger gleiten über die Tasten, die Töne sitzen perfekt und das Präludium aus Bachs Partita No. 1 plätschert fröhlich dahin. Doch schon nach wenigen Takten steht der Musikprofessor neben dem Flügel.

"Mögen sie Brei?", fragt er sarkastisch. Langweilig gespielt, ein Mischmasch aus Tönen, urteilt er. Und so wird von einem Moment auf den anderen aus David, dem begabten Klavierspieler, David der Zweifler. "Prélude" ist das Kinodebüt von Sabrina Sarabi. Sie zeigt darin, was Leistungsdruck und Versagensängste aus einem Menschen machen können - ein Wrack.

Das Drama entfaltet sich langsam und leise: Zuhause galt David als Genie. Ein Musiker mit einer großen Karriere, ist sich die Mutter sicher. Als er an der Musikhochschule angenommen wird, wähnt sich der 19-Jährige am Ziel. Doch der Traum wird für ihn zum Albtraum, denn die anderen Studenten sind auch hervorragende Musiker. Wer hier herausstechen will, braucht Durchsetzungsvermögen, Kampfgeist und ein dickes Fell, um schonungslose Kritik auszuhalten. Eigenschaften, die der empfindsame David nicht mitbringt. Immer tiefer gerät er in eine fatale Spirale aus Ehrgeiz, Selbstzweifeln und Hass, auf andere ebenso wie auf sich selbst.

Louis Hofmann ("Dark") erweist sich als Glücksgriff für die Rolle des sensiblen David, der sein Gefühlschaos meist unter einem stoischen Gesichtsausdruck zu verbergen sucht. Hofmann legt in diesen Blick eine Bandbreite an Gefühlen: Angst, Hoffnung, Verletzlichkeit, Sehnsucht und jede Menge Frust, etwa wenn die Klavierprofessorin Matussek David wieder kritisiert. Auch Davids Beziehung zu Marie (Liv Lisa Fries, "Babylon Berlin") ist kompliziert, denn die Musikstudentin ist nicht nur selbstbewusst und hübsch, sondern auch sehr launisch.

Sarabi setzt in "Prélude" stark auf die Tonebene. Alltägliche Geräusche werden überlaut und setzen den Takt. Ein Tischtennisball, der immer wieder gegen eine Wand knallt, rhythmisch wie ein Metronom. Ein klapperndes Fahrrad, eine ratternde Eisenbahn. Und David, der wie besessen ununterbrochen dieselben Triller übt. Immer weiter steigert sich die Geräuschcollage und verfolgt David bis in seine Träume. Die Finger krampfen, die Nerven sind zum Zerreißen gespannt. Die ganze Welt ein einziger Albtraum, der mit seinem unerbittlichen, hämmernden Takt schließlich das gesamte Leben des Klavierstudenten bestimmt und auf einen dramatischen Höhepunkt zutreibt.

Prélude, Deutschland 2019, 95 Min., FSK ab 12, von Sabrina Sarabi, mit Louis Hofmann, Liv Lisa Fries, Ursina Lardi

Prélude