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Oscar-Verleihung Holt Florian Henckel von Donnersmarck in Hollywood Gold?

Sein Spielfilmdebüt "Das Leben der Anderen" brachte ihm den ersten Oscar ein. Florian Henckel von Donnersmarck könnte nun wieder Gold nach Deutschland holen. Das geht er gelassen an.

Von Barbara Munker, dpa 20.02.2019, 07:15

Los Angeles (dpa) - Florian Henckel von Donnersmarck sticht aus der Menge hervor. Als sich kürzlich mehr als 170 Oscar-Anwärter für ein Gruppenbild aufstellten, ragte er mit seinen über zwei Metern Körpergröße und mit graubrauner Lockenfrisur über die Köpfe seiner Kollegen heraus.

Nun könnte der deutsche Regisseur und Drehbuchautor in Hollywood noch weiter über sich hinauswachsen und Oscar-Geschichte schreiben.

Der 45-jährige gebürtige Kölner hat am Sonntag Chancen auf seinen zweiten Oscar. Sein Künstlerporträt "Werk ohne Autor" geht für Deutschland ins Rennen um den Goldjungen in der Sparte "Bester nicht-englischsprachiger Film" - zwölf Jahre nach seinem Triumph mit dem Stasi-Drama "Das Leben der Anderen". Bisher ist es noch keinem Regisseur geglückt, zwei so genannte Auslands-Oscars nach Deutschland zu holen.

2007 war Donnersmarck, damals 33 Jahre alt, mit seinem Debüt-Spielfilm angetreten. Über Nacht wurde der Newcomer zum gefeierten Nachwuchskünstler. Die Filmbranche war überrascht, denn als Frontrunner galt damals der Mexikaner Guillermo del Toro mit dem Fantasymärchen "Pans Labyrinth".

In diesem Jahr ist mit dem zehnfach nominierten Oscar-Favoriten "Roma" von Alfonso Cuarón auch wieder ein mexikanischer Film im Rennen um den Auslands-Oscar. "Roma" ist eine stille Ode an Cuaróns früheres Kindermädchen, in beschaulichen Schwarz-Weiß-Bildern. "Werk ohne Autor" ist ein bildgewaltiges Epos über den Findungs- und Schaffensprozess eines Künstlers, inspiriert vom Leben des deutschen Malers Gerhard Richter. Der Film ist auch für die Kameraarbeit des Hollywood-Veteranen Caleb Deschanel (74, "Der Patriot", "Die Passion Christi") nominiert.

Und wie geht Donnersmarck seine zweite Filmpreis-Saison nach dem Oscar-Gewinn vor zwölf Jahren an? "Ich bin da sowieso gelassen", versicherte der Regisseur im Januar der Deutschen Presse-Agentur in San Francisco, wo er den Film vorstellte. "Ich bin ein optimistischer Mensch - aber nur für Sachen, die ich kontrollieren kann. In Dingen, die ich nicht kontrollieren kann, gehe ich immer von einem schlechtesten Resultat aus beziehungsweise von gar keinem."

Donnersmarcks Handschrift, Erzählkino im Stil großer Hollywooddramen, kommt in den USA gut an. "Never Look Away", so der englische Filmtitel, wurde von Kritikern als "mitreißendes Epos" gelobt, das Magazin "Rolling Stone" sprach von einer "triumphalen" Rückkehr des Regisseurs. Es sei einer der besten Filme, den er je gesehen habe, schrieb der Oscar-prämierte Regisseur William Friedkin ("French Connection - Brennpunkt Brooklyn") auf Twitter - "ein Meisterwerk". Das renommierte US-Magazin "The New Yorker" widmete Donnersmarck und seinem Film ein mehrseitiges Feature.

In Deutschland waren die Kritiken eher gemischt ausgefallen. Schlagzeilen machte auch der Einwand von Gerhard Richter, dass er den Film "zu reißerisch" finde. Das über drei Stunden lange Werk habe er zwar nicht gesehen, aber der Trailer habe ihm schon gereicht, sagte der 87-jährige Künstler und ging auf Distanz. Donnersmarck betont, der Film sei Fiktion, angelehnt an verschiedene Figuren. Der von Tom Schilling verkörperte Maler heißt Kurt Barnert. Richters Name kommt in dem Film an keiner Stelle vor, doch Parallelen zu seinem Leben sind deutlich.

Verrisse musste Donnersmarck bereits 2010 mit seinem Hollywood-Debüt "The Tourist" einstecken. Der aufwändig gedrehte Thriller mit Angelina Jolie und Johnny Depp spielte weltweit zwar knapp 280 Millionen Dollar in, doch Kritiker lästerten, der Regisseur habe "Konfektionsware" abgeliefert.

Nach seinem Oscar-Gewinn 2007 machte Donnersmarck mit Ehefrau Christiane und seinen drei Kindern Los Angeles zu seiner Wahl-Heimat. Schon vorher hatte der Spross einer alten schlesischen Adelsfamilie die Welt bereist. Seine Kindheit verbrachte er unter anderem in New York, Berlin und Brüssel. Er studierte in Leningrad und in Oxford. Sein Handwerk als Regisseur und Autor lernte er an der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film.

Bei der Premiere von "Werk ohne Autor" in Berlin lief der Regisseur im vorigen September mit Frau und Kindern über den roten Teppich. Auch an der Produktion wirkte die Familie mit. Christiane Henckel von Donnersmarck ist als Produzentin gelistet, der älteste Sohn Leo stand vor der Kamera, in einer kleinen Rolle als Zeitungsjunge.

Oscar-Nominierungen 2019

Werk ohne Autor