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Stipendium „Mir ist wohl gewesen hier“

Der Berliner Autor Peter Wawerzinek hielt über seine Zeit als Stadtschreiber im Literaturhaus Magdeburg eine Abschlusslesung.

Von Claudia Klupsch 01.10.2015, 23:01

Magdeburg l Wawerzinek, Jahrgang 1954, bezeichnet sich selbst als „Schreibender“. Als solcher ist er erfolgreich, hat mehrere Bücher veröffentlicht. Für „Rabenliebe“ erhielt er den Ingeborg-Bachmann-Preis. Ein weiterer autobiografisch geprägter Roman folgte mit „Schluckspecht“. Das nächste Werk, an dem er bereits emsig arbeitet, spielt in Magdeburg. „Dafür habe ich genug Material gesammelt“, versichert er seinem Publikum. Im Stadtschreiber-Internet-Blog habe er schon erste Zeugnisse abgelegt.

Schnell hat Wawerzinek seine Zuhörer für sich eingenommen. Er ist alles andere als der sich intellektuell gebende preisgekrönte Schriftsteller. Ein kleiner Mann ohne Allüren. In rasantem Sprechtempo liest er aus seinen Büchern, sich selbst immer wieder für Erklärungen unterbrechend. Ihm zur Seite sitzt Thilo Block, auch aus Berlin, mitgebracht zur Unterstützung. Er ist nicht nur für die „poetisch-musikalische Unterhaltung“ am Klavier zuständig, sondern liest aus seinen eigenen Büchern. Spätestens als er mit Inbrunst samt Sprachfehler im Lied „Alpaka“ eben jenes Geschöpft besingt, ist der komische Anstrich dieses Abends nochmals dick betont.

Dabei meint es Wawerzinek durchaus ernst, als er vom Magdeburger Zoo schwärmt. „Im Tierpark denkt man nur an Tiere, wirklich nur an Tiere.“ Am Hafenbecken denke man dagegen überhaupt nicht an Schifffahrt. Neben solchen Erkenntnissen amüsiert der Stadtschreiber mit Ansichten über die Plastiken Magdeburgs. Die Beton-Arbeiterfahne am Schleinufer sehe aus wie ein gewrungener Wischlappen oder eine zu große Nudel.

Die Stadt hat Wawerzineks Herz erobert. „Ich möchte dagegen anschreiben, dass Magdeburg noch immer als hässliche Stadt verschrien ist.“ Hoch über den Dächern von Magdeburg habe er gewohnt, im 10./11. Stock eines Hochhauses. „Da ist man schon sehr allein.“ Also raus in die Stadt! Er erkundete mit dem Fahrrad das Terrain, streifte zu Fuß durch die Straßen, traf Menschen und hörte ihnen zu. Er liebte die Führungen von Nadja Gröschner und die Gespräche mit Norbert Pohlmann vom Forum Gestaltung.

Er war im Theater, bei der Biermeile, beim Fußball im Stadion, in Kneipen. „Mit meiner Freundin Maria erlebte ich hier in Magdeburg die schönsten zehn Tage meines Lebens“, verrät er. „Wir unternahmen grandiose Radtouren.“ Was ist der schönste Ort für ihn in Magdeburg? „Der Olvenstedter Platz“, verblüfft die Antwort. „Ein Dreieck, ein Zentralpunkt, auf dem sich keiner aufhält, alle ihrer Wege gehen“, erklärt er seine ganz eigene Sicht. Er bedauert, nicht geschafft zu haben, den Herrenkrugpark zu erkunden. „Hier kann man etwas über Bäume lernen.“ „Mir ist wohl gewesen hier“, ist in seinem Block zu lesen. Seinem Lesepublikum verspricht er: „Ich komme wieder.“