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Theater Ballett trifft Puppentheater

Can Arslan ist Ballettdirektor in Halberstadt. Am Sonnabend hat seine Version des Ballettklassikers „Der Nussknacker“ Premiere.

Von Kathrin Singer 16.11.2015, 23:01

Magdeburg/Halberstadt Can Arslan ist ein Grenzgänger. Der klassisch ausgebildete Tänzer und Choreograf liebt es, genreübergreifend zu arbeiten. In „Peer Gynt“ agierte die Sopranistin Runette Botha mitten unter den Tänzerinnen und Tänzern, Arslan arbeitete aber auch bereits mit Schauspielern, und sogar die Choreografie einer Heavy-Metal-Oper findet sich in seiner Künstlerbiografie.

Nun also der klassische „Nussknacker“. In Halberstadt mit den nur acht Tänzerinnen und Tänzern des Ensembles und acht Kindern. Opulenz sieht anders aus, deshalb musste eine Lösung her, die möglichst nicht nach Sparprogramm ausschaut, sondern sich aus der auf der Bühne erzählten Geschichte ergibt.

„Ich musste einen Weg finden, die Geschichte neu zu erzählen, ohne die Hauptelemente zu vernachlässigen“, so Arslan. Dafür hat er sich mit dem spanischen Puppenbauer Karlos Herrero zusammengetan. Statt der Puppen darstellenden Tänzer wird es nun tatsächlich echte Puppen auf der Bühne geben, die der geheimnisvollen Drosselmeier beim Weihnachtsfest präsentiert.

Nicht nur für die Kinder ein besonderes Bonbon, sondern auch für die Erwachsenen. „Der Seelentausch zwischen Puppen und Tänzern lässt sich so viel mehr verdeutlichen, auch die Manipulation, die möglicherweise eine Rolle spielt. Und es wird eine besondere Beziehung zwischen Drosselmeier und dem Nussknacker geben“, kündigt Arslan schmunzelnd an.

Der Sohn bulgarisch-türkischer Eltern wurde in München geboren und trat bald in die Fußstapfen seines Vaters, der sowohl am English National Ballet als auch am Bolschoi tanzte. Der Junge absolvierte seine Tanzausbildung an der Ballettakademie München, wo er vom Fleck weg an die Deutsche Oper Berlin engagiert wurde.

Der Weg zum Choreografen war eher ein zufälliger. „Wie überall war das Geld für Gastchoreografen knapp, und wir Tänzer waren aufgerufen, uns selbst auszuprobieren.“ Dem Berliner Engagement folgte eine internationale Karriere, die den jungen Choreografen ans Nationaltheater Lissabon, nach Madeira, Zypern, Moskau, St. Petersburg, aber auch Hagen und Dortmund führte.

Magdeburger Ballettfreunden ist er ebenfalls kein Unbekannter, bei den „Tanzbegegnungen“ 2013 sorgte er mit seiner Choreografie „Irrgarten“ für Begeisterung. Hier wurde er von der Halberstädter Ausstattungsleiterin Andrea Kaempf gesehen und als neuer Ballettchef empfohlen. Arslan sagte spontan zu und freute sich über die erste Herausforderung, selbst ein kleines Ensemble zu leiten. „Es ist eine gute Balance nötig zwischen Ballettsaal und Büro. Es sind viel mehr Aufgaben zu bewältigen als nur eine Choreografie zu erarbeiten. Aber man ist eben auch nicht nur Gast, sondern hat viel mehr Möglichkeiten zur künstlerischen Entwicklung.“

Die Stadt am Rande des Harzes genießt Arslan, dessen Familie, zu der zwei kleine Töchter zählen, im spanischen Saragossa wohnt. „Ich mag die Ruhe hier sehr, die Leute sind sehr freundlich, und sie lieben das Ballett.“ Wohl auch, weil er ihnen die ganze Bandbreite des Balletts zeigt, nicht nur den Spitzentanz.

Bestes Beispiel ist der Nussknacker, dessen unterschiedliche Musiknummern alle Stile des Tanzes erlauben. Es sei eine Mischung aus Spitzentanz, zeitgenössischem Tanz und Puppentheater, kündigt er an. „Man muss die Zuschauer ausbilden, sie vertraut machen und mitnehmen beim Entdecken von Neuem. Das Wichtigste ist aber, zu verstehen, was die Komponisten fühlten und das in Bewegung zu übersetzen.“