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Vorpremiere Neuer „Heidi“-Film im Harz gefeiert

Am 10. Dezember kommt eine Neuproduktion des Kinderbuchklassikers „Heidi“ ins Kino. Am Sonntag gab es eine Vorpremiere in Halberstadt.

Von Gerald Eggert 06.12.2015, 23:01

Halberstadt l Kurz vor Weihnachten 1879 veröffentlichte die Jugendschriftstellerin Johanna Spyri (1827–1901) „Heidis Lehr- und Wanderjahre“, zwei Jahre später folgte „Heidi kann brauchen, was es gelernt hat“. Mit diesen beiden Bänden schuf die Schweizerin einen Kinderbuchklassiker, der in mehr als 50 Sprachen übersetzt und über 50 Millionen Mal verkauft wurde. „Heidi“ zählt zu den bekanntesten Kinderbüchern der Welt.

Dutzende Filme und TV-Serien wurden in den vergangenen Jahrzehnten produziert. Nun hat sich Regisseur Alain Gsponer („Das kleine Gespenst“) daran gemacht, den Kinderbuchklassiker erneut zu verfilmen und sich dabei stark an Johanna Spyris Originalausgabe orientiert. Neben der zehnjährigen kameraunerfahrenen Anuk Steffen als Heidi, die sich im harten Film-Casting gegen 500 Bewerberinnen durchsetzen konnte, verpflichtete er mit Bruno Ganz („Der Himmel über Berlin“ und „Der Untergang“) einen Weltstar als Alm-Öhi.

Mit ihnen standen unter anderem Quirin Agrippi (Geissenpeter), Isabelle Ottmann (Klara Sesemann), Hannelore Hoger (Großmama Sesemann), Peter Lohmeyer (Diener Sebastian) und Jella Haase (Hausmädchen Tinette) vor der Kamera.Der eigentliche Star des Films ist jedoch die strubblige, liebenswerte Anuk Steffen. Von der ersten Minute an bezaubert ihr entwaffnend offener Blick aus großen Augen die Zuschauer im Kinosaal.

Selbstbewusst und abenteuerlustig erobert sie so nicht nur das Herz des sturen alten Alm-Öhis, sondern auch das der Kinder und Erwachsenen, die in den meisten Fällen diese über 130 Jahre alte Geschichte kennen oder sie für sich entdecken wollen.

Zu erleben und zu entdecken gibt es aber nicht nur eine herzergreifende Geschichte. Denn die Halberstädter und die Quedlinburger sowie all jene, die diese beiden Städte kennen, sehen Vertrautes. Zählten doch die Kreisstadt und die benachbarte Unesco-Weltkulturerbestadt zu den Drehorten des 105-minütigen Streifens. In Quedlinburg dienten die historischen Fassaden rund um die Marktkirche St. Benedikti als Kulisse, in Halberstadt bekam die altehrwürdige Dompropstei Unter den Zwicken, heute Standort der Hochschule Harz, das Aussehen eines historischen Bahnsteigs.

Wer genau hinschaut, wird entdecken, dass moderne Filmtechnik allerhand Tricks möglich macht. So wurde zum Beispiel den sonst zweigeschossigen Häusern eine dritte Etage draufgesetzt.

Diese Szenen, die eigentlich in der Großstadt Frankfurt/Main spielen, verlegte Produzent Lukas Hobi in den Vorharz, weil es seiner Meinung nach hier die besten baulichen Voraussetzungen gibt, um die Zeit am Ende des 19. Jahrhunderts nachzustellen.

Den Schweizern, die an möglichst originalen Schauplätzen drehen wollten, wurde im vergangenen Jahr vorgeworfen, bei den Drehorten zu schummeln. In einem Zeitungsartikel hieß es unter dem Titel „Schweizer machen Heidi zur Ossi“ sogar: „Als ob zwei Harz-Käffer mit der eindrucksvollen Metropole Frankfurt zur Jahrhundertwende mithalten könnten.“ Gsponer gibt darauf eine klare Antwort: „Für die Szenen in Frankfurt mussten wir in die neuen Bundesländer ausweichen, weil das heutige Frankfurt die Kulisse einfach nicht mehr hergegeben hätte. Quedlinburg war für das Stadtzentrum und Halberstadt für das neue Gründerzeitviertel perfekt.“ Dem Regisseur fällt dann noch eine Gemeinsamkeit ein: „Frankfurt und Halberstadt sind bekannt durch ihre Würstchen.“

„Heidi ist ein Familienfilm im wahrsten Sinne des Wortes“, findet Produzent Jakob Claussen. „Dass der Stoff historisch ist, ist kein Ausschlusskriterium, sondern eher ein Aspekt, der unseren Film noch attraktiver macht. Heidi ist europäisches Kulturgut.“ Dem stimmte das Harzer Publikum mit Applaus nach der Vorführung zu.