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Arte-Dokumentation Vom Kampf gegen Ebola

Regisseur Carl Gierstorfer drehte im Epidemie-Gebiet Liberia. Arte zeigt den Film am 12. Januar in einer Erstausstrahlung.

Von Grit Warnat 08.01.2016, 00:01

Berlin l „Ich wollte vor Ort sein, um zu verstehen, wie es sich für die Menschen anfühlt, das Leben mitten in einer Epidemie meistern zu müssen“, sagt Carl Gierstorfer. Der Dokumentarfilmer, der viel in Afrika gearbeitet hat und im Sommer 2014 einen Film über die Entstehungs- geschichte von HIV fertiggestellt hatte, entschloss sich, nach Liberia zu reisen. Es war Herbst 2014. Die Ebola-Epidemie steuerte auf ihren Höhepunkt zu. Gierstorfer hatte mit der Journalistin Laura Salm-Reifferscheidt in der Hochphase des Ausbruchs gedreht. Im Februar 2015 waren sie noch einmal für mehr als einen Monat vor Ort, um an den ihnen begegneten Geschichten dranzubleiben. Ein Drehbuch hatte er nicht im Kopf. „Ich war mir aber sicher, dass ich sehr emotionale Geschichten finden würde.“

Es sind Geschichten von Betroffenen und Helfern, die der Berliner erzählt. Wie die von Stanley Juah, der Ebola besiegt hat, aber seine gesamte Familie verlor. Er hatte seinen Sohn aus der Quarantäne aus Monrovia zurückgeholt und somit eine Infektionskette losgetreten. Später wurde er in seinem Dorf für den Tod von 14 Menschen verantwortlich gemacht, alle waren wütend auf ihn, Stanley konnte nicht zurück in sein Dorf. Monate später kehrt er in sein Dorf zurück, um sich den Bewohnern zu stellen. Der Pastor ist zur Unterstützung mit dabei, Gierstorfer hält das Misstrauen mit der Kamera fest.

Deutlich wird, wie sozial eng die dortigen Gesellschaften sind. „Familie und auch Rituale haben einen großen Stellenwert. Dadurch findet Ebola Wege für seine Verbreitung. Die Menschen bilden Infektionsketten. Ebola schafft es also, nicht nur Familien, sondern auch ganze Gemeinschaften zu zerstören.“

Ebola: Das Virus ueberleben - 12 Januar 2016 bei ARTE from DOCDAYS Productions GmbH on Vimeo

Gegen Ebola kämpft Mabel Musa, eine hart arbeitende Ambulanzkrankenschwester. Viele ihrer Kollegen sind gestorben, auch sie hat gezögert, diesen Job zu machen, mit einem Team und zwei Geländewagen aufs Land zu fahren und Kranke in das Ebola-Behandlungszentrum zu bringen.

Gierstorfer sitzt mit ihm im Wagen, hatte Zugang zu diesem Behandlungszentrum. „Als ich mit der Ambulanz unterwegs war, die Kranke abgeholt hat, habe ich vorher mit der Krankenschwester abgesprochen, wie das abläuft, wie man sich verhalten muss. Als ich dort gefilmt habe, habe ich mich nicht viel bewegt, sondern verharrte eher an einem Punkt. Genauso wie bei den Beerdigungen, denn auch die Leichen sind hochinfektiös.“ Gierstorfer wusste, es gibt Regeln, an die man sich strikt halten musste. „Ein Virus sieht man nicht, es ist nicht unmittelbar präsent“, sagt er. Eigentlich, so führt er an, sei die größte Gefahr gewesen, dass man die Gefahr nicht richtig ernst nehme.

Gierstorfer hat Biologie studiert. Doch für seinen Film „Ebola – Das Virus überleben“ hat ihn weniger der wissenschaftliche Aspekt interessiert als vielmehr die Frage, wie die Liberianer selbst den Ausbruch erlebten. Für den Zuschauer ist es eine Reise in ein Land, das an einer Epidemie zu zerbrechen drohte.

Damals zum Ebola-Ausbruch sei Gierstorfer die Berichterstattung zu einseitig gewesen. „Viel zu oft wurden die gängigen Klischees vom ,schwarzen Kontinent‘ bedient, von dem eine globale Gefahr ausging und dem wieder einmal geholfen werden musste“, sagt Gierstorfer rückblickend. Vor allem sei zu viel über Hilfsorganisationen berichtet worden, aber wenig über die Betroffenen.

Längst ist das Thema aus den Medien verschwunden. Ist es für den Dokumentarfilmer noch aktuell? „Sehr sogar“, sagt er. „Liberia, Sierra Leone und Guinea haben mit den Folgen der Epidemie zu kämpfen. Die Wirtschaft ist komplett zusammengebrochen. Investoren haben sich zurückgezogen. Auch das Gesundheitssystem ist völlig am Boden, Hunderte Ärzte und Pfleger sind gestorben, es gab keine Impfungen, keine normalen Behandlungen mehr. Ebola ist aus unserem Blickfeld verschwunden, aber die betroffenen Länder leiden immer noch sehr.“

„Ebola – Das Virus überleben“, Erstausstrahlung am Dienstag, den 12. Januar, 22.35 Uhr auf Arte, 53 Minuten.