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Ausstellung Sieg für die Neuen Meisterhäuser

Das Deutsche Architekturmuseum hat die besten Bauten Deutschlands 2015 gekürt. Sieger wurden die Neuen Meisterhäuser Dessau.

Von Grit Warnat 29.01.2016, 00:01

Frankfurt am Main/Dessau l Die einstige Direktorenvilla von Bauhaus-Gründer Gropius und die Doppelhaushälfte von Bauhäusler Maholy-Nagy waren im Zweiten Weltkrieg zerstört worden. Seit Mai 2014 vervollkommnen sie wieder die einstige weltbekannte Künstlerkolonie, von der aus der Ruf des Bauhauses als moderne Architekturschmiede in die ganze Welt getragen wurde. Die Dessauer Meisterhaussiedlung gehört zum Uneso-Welterbe.

Lange hatte die Diskussion um den Wiederaufbau und die Form der städtebaulichen Vervollständigung gedauert, knapp vier Jahre dann deren Errichtung. Was jetzt zu sehen ist, sind mehr als Kuben, es sind Kunstwerke für sich. Das Berliner Architekturbüro Bruno Fioretti Marquez hat sich dafür mit dem Erinnern auseinandergesetzt. Das Bauhaus betonte damals, dass das Büro nicht der Rekonstruktion der Bauhaus-Ikonen den Vorrang gab, sondern einer Interpretation mit den Mitteln zeitgenössischer Architektur. Der Entwurf wolle die Aufgabe einer Reparatur durch die Wiedergabe der Hülle der Vorgängerbauten erfüllen. Es ging um Reduktion.

Auch dank dieser Reduktion siegten jetzt die Meisterhäuser im Wettbewerb des DAM.

„Es war sehr spannend. Wir hatten schon eindeutigere Jury-Entscheidungen“, sagt Kuratorin Christina Gräwe. „Die Rekonstruktionsdebatte ist immer sehr emotional besetzt.“

Diese neu errichteten Gebäude kämen daher wie 1:1-Modelle, die nicht so richtig real wirkten, sagt sie. Während in der Diskussion die einen auf originalgetreue Rekonstruktion bis ins letzte Detail schwören würden, sagen andere, man müsse möglichst abstrakt bleiben, so Gräwe. „Hier aber ist quasi ein dritter Weg beschritten worden.“

Mit dem dritten Weg meint die Kuratorin die Hülle, die exakt in den historischen Proportionen wiederhergestellt wurde, ebenso wurden Fenster und Türen an jene Stellen gesetzt, wo sie immer waren. Trotzdem stehen die Häuser für einen hohen Abstraktionsgrad, weil die Architekten auf sämtliche Details wie beispielsweise Fensterbretter verzichtet haben. Im Inneren wurde zudem die Raumaufteilung aufgegeben und eine andere Atmosphäre als im historischen Original geschaffen. Das Bauhaus spricht von „gebauter Unschärfe“.

Die beiden Neuen Meisterhäuser sind als Gewinner des DAM-Preises mit weiteren 21 besten Bauten in und aus Deutschland in einem Jahrbuch vereint. Seit 33 Jahren erscheint dieses Standardwerk, die 2015/16er Ausgabe ist 200 Seiten stark und hat 180 Abbildungen (Prestel-Verlag). Seit neun Jahren wird das Jahrbuch durch eine Ausstellung im Architekturmuseum Frankfurt ergänzt.

Bis zum 8. Mai ist die Ausstellung zu sehen, in der den Neuen Meisterhäusern eine kleine Sonderschau gewidmet ist. Laut Gräwe haben sich die Architekten entschieden, die Besucher am Ideen-Prozess teilhaben zu lassen. Zu sehen sein wird somit die Annäherungsgeschichte, die Inspiration, Raumstudien anhand von Modellen, Büchern, Fotos. Neben dem gedanklichen Entstehungsprozess, so kündigt die Kuratorin an, werde auch das Ergebnis präsentiert – innen wie außen.

Zu sehen sind herausragende Bauten mit verschiedensten Nutzungen. Sie reichen vom Neubau der Europäischen Zentralbank über Wohngebäude von großen Wohngenossenschaften bis hin zu kleinen Einfamilienhäusern, Kulturbauten, Kindergärten und einer Gedenkstätte.