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Revolverheld Wie in einer Ehe

Revolverheld kommen mit ihrem „MTV-Unplugged“-Programm nach Magdeburg. Vorab sprach Sänger Johannes Strate mit Elisa Sowieja.

16.03.2016, 23:01

Volksstimme: Herr Strate, haben Sie sich für dieses Interview eigentlich hingesetzt?

Johannes Strate: Nee, ich laufe gerade herum.

Sitzen scheint nicht Ihr Ding zu sein. Bei der Aufzeichnung von „MTV Unplugged“ hat der Musiksender Sie ermahnt, weil Sie kaum auf ihrem Hocker blieben, obwohl das Konzept es vorgibt. Sind Sie denn generell ein hibbeliger Typ?

Früher war ich sehr hibbelig. Auch in der Schule gehörte ich zu denjenigen, die mal rausgeflogen sind, weil sie zu unruhig waren. Im Alter wird man ein bisschen entspannter. Aber ich bin noch immer nicht der Typ, der still in der Ecke sitzt.

Was hilft Ihnen zu Hause dabei, nach Konzerten runterzukommen?

Ich verbringe einen Nachmittag mit meinem Sohn. Mit einem Kind auf einen Spielplatz zu gehen, kann ich sehr empfehlen, das wirkt beruhigend.

Rutschen Sie dann auch mit?

Ich erzähle immer, Papa ist zu dick für die Rutsche.

Wenn Revolverheld jetzt mit MTV Unplugged auf Tour gehen, wie genau nehmen Sie es dann mit dem Stillsitzen?

Überhaupt nicht genau! Da machen wir es so, wie wir Lust haben. Ich kann mir nicht vorstellen, in einer Halle, in der die Stimmung auch mal abgeht, die ganze Zeit sitzen zu bleiben.

Bei der Aufzeichnung standen auch Gäste auf der Bühne: Mark Forster, Annett Louisan, Rea Garvey – wer wird in Magdeburg dabei sein?

Das hängt immer davon ab, wer Zeit hat und entscheidet sich teilweise erst kurzfristig. Ich weiß es also noch nicht. Und wenn ich‘s wüsste, würde ich es Ihnen nicht sagen, weil das eine Überraschung ist.

Mein Tipp ist ja Annett Louisan, weil sie das Konzert mit einem Heimatbesuch in der Altmark verbinden könnte.

Das könnte sie natürlich. Aber ich kann und werde es Ihnen nicht sagen.

Gut, einen Versuch war‘s wert. Vor elf Jahren haben Sie als Vorband von Silbermond gespielt, heute füllen Sie Hallen wie die Magdeburger Getec Arena. Was gehört dazu, um es dorthin zu schaffen?

Ich glaube, stetes Dranbleiben hilft. Wir haben viel gespielt in den letzten Jahren. Außerdem sollte man immer mal wieder einen Song schreiben, der die Leute interessiert.

Wie schwierig ist es zurzeit für deutsche Nachwuchsbands, Erfolg zu haben?

Sehr schwierig. Die Konkurrenz wird immer größer. Jeder überlegt sich im Moment, deutsch zu texten. Man muss bereit sein, den Preis für den Erfolg zu zahlen: nicht auf einer Familienfeier zu sein und am Anfang nicht einen Pfennig zu verdienen. Aber wenn man dranbleibt, hat man eine Chance.

Wie oft hat Ihre Band anfangs überlegt, ob sie dranbleibt?

Wir haben uns zusammengefunden und entschieden, dass wir das durchziehen. Aber die ersten Jahre waren hart. In Rotenburg in Niedersachsen zum Beispiel haben wir vor zwölf Jahren mal ein Konzert vor null zahlenden Gästen gespielt. Danach sitzt man dann schon zusammen, trinkt ein Bier und fragt sich: Was machen wir hier eigentlich?

Was könnte in Deutschland getan werden, um neue Bands zu unterstützen?

Es gibt so viel staatliche Förderung für Klassiker und so wenig für Popmusiker. Da könnte man für eine Gleichberechtigung sorgen. In Skandinavien zum Beispiel können Bands eine Tourbus-Förderung beantragen. Das würde ich mir für Deutschland wünschen.

Sie saßen schon in der Jury zweier Castingshows. Wäre solch ein Format aus Ihrer Sicht auch für Bands hilfreich?

Ich halte den Weg, im Proberaum zu stehen und sich den Hintern abzuspielen, nicht für den falschesten. Das ist gut für den Zusammenhalt – gerade dann, wenn‘s nicht gut läuft. Das Bandgefühl, wenn man zusammen durch die Scheiße gegangen ist, ist unbezahlbar und mit nichts zu vergleichen.

Hat Ihr Bandleben eigentlich nach all den Jahren Züge einer Ehe?

Wenn man so lange zusammenspielt, erreicht man sicher einen eheähnlichen Zustand. Man zofft sich auch mal, wenn die Socken liegenbleiben. Aber wir haben mittlerweile, wie in einer gut funktionierenden alten Ehe, einen entspannten Umgang miteinander und kriegen uns nicht wegen jeder Kleinigkeit in die Haare.

In einer Ehe soll man viel reden. Sie sind aber nur Männer.

Entschuldigen Sie mal, Sie möchten mich doch nicht auf das Klischee ansprechen, dass Männer nicht reden?!

Doch, schon. Sie sind in dieser Hinsicht also ein Anti-Mann?

Ich glaube, das Klischee gibt‘s in meiner Generation nicht mehr. Die Männer, die ich kenne, reden viel, können über ihre Gefühle sprechen und auch mal ein Tränchen verdrücken.

Die Band spielt am 31. März in der Getec Arena Magdeburg.