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Schloss Wörlitz In alter Schönheit

Schloss Wörlitz kann erstmals seit 200 Jahren vom Souterrain bis zum Belvedere besichtigt werden.

Von Grit Warnat 31.03.2017, 01:01

Wörlitz l Das einstige Schlafzimmer von Fürst Albert ist in seiner zarten frühklassizistischen Farbigkeit zu sehen. Hell ist das Zimmer, in dem ein Bett steht, ein Sekretär, Stühle. An den Wänden hängen Kupferstiche dicht an dicht, dahinter, eingelassen in die Wand, Einbaukästen zum Verstauen. So funktionell versteckt ist auch das Prinzenbett. Daneben an einer Fensternische haben sich Gäste verewigt wie der Prinz von Dänemark und der Großherzog von Sachsen. Hatten sie hier genächtigt? Konnten Sie diesen Blick genießen, den die vier Fenster dieses Schlafzimmers auf das Grün des Parkes bieten? Für Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) ist es „sicher der schönste Schlafzimmerblick Europas“. Brigitte Mang, seit Anfang Februar Direktorin der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz, spricht von einer großartigen Symbiose aus Architektur, Kunst und Natur, von einer „Pracht des Gesamtkunstwerkes“.

Dieses Gesamtkunstwerk war Anliegen des Fürsten Franz von Anhalt-Dessau, dessen 200. Todestag die Kulturstiftung in diesem Jahr feiert. Fürst Franz, ein Mann der Aufklärung, ließ den Sommersitz von 1769 bis 1773 nach dem Vorbild englischer Landhäuser inmitten eines Landschaftsgartens erbauen. Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorf hatte das Gebäude entworfen, auch zahlreiches Mobiliar geht auf seine Ideen zurück.

Jetzt erstrahlen das Obergeschoss mit den insgesamt sechs Suiten und der Festsaal in alter Schönheit. Am Donnerstag ist beides mit einem Festakt eingeweiht worden. In den oberen Suiten, in denen einst die engere Hofgesellschaft logierte, wurde vier Jahre lang gebaut und restauriert. Möbel und insgesamt 160 Grafiken wurden aus dem Depot der Stiftung geholt. Zwei keramische Öfen zieren wieder die Wohnzimmer des Elbprinzen und des Oberhofmeisters. Der Österreicherin Mang ist die Freunde über all das Prachtvolle anzusehen. „Wir haben ein Schloss Wörlitz, wie wir es seit Jahrzehnten nicht erleben konnten“, sagt sie. Alle Etagen – vom Souterrain bis zum Belvedere – sind erstmals für Besucher zugänglich. Und sie betont das Besondere des Baudenkmales: Alles sei im Original zu sehen, die ursprüngliche Ausstattung, die originale Substanz. „Das ist eine Seltenheit.“

Restauriert ist jetzt auch der Festsaal im Erdgeschoss mit seinem reichen Stuck, den Marmor-Kaminen, Kunstgegenständen und den großen Leinwandgemälden, Kopien nach den Fresken des Palazzo Farnese in Rom, die der Fürst als Reiseerinnerung aus Italien hatte kommen lassen.

Auch wenn das Schloss zu DDR-Zeiten als bewahrenswert geschätzt wurde, waren dann doch die Holzbalkendecken vom Schwamm gefallen, das Dach marode, das Fundament nicht vor Feuchtigkeit geschützt. Seit zwei Jahrzehnten nun wird das als Gründungsbau des Klassizismus geltende Haus saniert und restauriert. Elf Millionen Euro haben Europäische Union, der Bund und das Land bis dato investiert. „Dieses Schloss ist wahrscheinlich heute so schön wie noch nie“, sagte Haseloff beim Festakt. Und Mang kündigte an, dass im Franz’schen Jubiläumsjahr 2017 der Besucher ganz ohne Gerüste und Baustellen das Haus erkunden könne. 2018 geht die Instandsetzung weiter.

Im Mitteldeutschen Verlag Halle ist das Buch „Schloss Wörlitz. Architektur, Interieur, Sammlungen, Bewohner.“ erschienen (24,95 Euro). Herausgeber ist die Kulturstiftung Dessau-Wörlitz.