Ausstellung Der Boss

Fotografin Katrin Ribbe zeigt im Magdeburger Forum Gestaltung ihre Foto-Serie "Boss".

Von Grit Warnat 02.03.2017, 00:01

Magdeburg l Seit 2013 arbeitet die in Hannover lebende Fotografin Katrin Ribbe an ihrer Porträtserie über selbständige Frauen. Sie hat sie „Boss“ überschrieben. Eigentlich ein Begriff aus der Männerdomäne, sagt sie, aber auch Frauen hätten physische Power und würden sich als Chef behaupten. Dabei geht es Ribbe nicht um bestens bezahlte Führungskräfte in großen Unternehmen. Sie sucht ganz bewusst nach dem Laden um die Ecke, nach der Weinhändlerin, der Änderungsschneiderin, der Fotolaborantin, der Hebamme, der Grafikerin.

Im Atelier Fotografie in Hannover war „Boss“ vor einem Jahr erstmals zu sehen. Die Porträtierten fand Ribbe ausschließlich in ihrer Heimatstadt und dem Braunschweiger Land. Für die Forum-Gestaltung-Schau hat sie das Projekt um sechs Magdeburgerinnen erweitert. Bis Januar zog sie deshalb erneut mit der Kamera los, mit dabei ein Aufnahmegerät, weil sie neben der Fotografie auch biografische Abrisse festhält. „Die Frauen haben alle so viel zu berichten“, sagt Ribbe und steht vor ihrer Arbeit, die eine Frau im bunten Kleid zeigt. Sie ist Dessousverkäuferin, schon 74 Jahre alt, und verkauft immer noch preisintensive Wäsche. „Andere machen einfach irgendwann einen Laden auf oder bauen in einer Werkstatt Fahrräder zusammen, weil sie in ihrem Job nicht mehr arbeiten wollten. Sie wagen sich an einen krassen Bruch in ihrem Leben“, sagt die 42-Jährige.

Von diesen Brüchen erfährt der Betrachter nichts. Ribbe, die in London Fotografie und Trickfilm studiert hat und seit 1995 für deutschsprachige Bühnen arbeitet, seit Jahren ist sie Hausfotografin am Schauspiel Hannover, spart sich Informationen zur Vita Einzelner. Sie fokussiert den Blick lieber auf die Personen. Fast immer stehen sie frontal zur Kamera, der Betrachter blickt direkt in ihre Gesichter, in ihre Augen. Mal lachend sind Augen und Mund, mal lächelnd, mal ernst, immer aber ist der Blick selbstbewusst. Ribbe setzt aufs Individuelle. „Ich will nichts Prätentiöses“ sagt sie.

Nur manchmal sind sogleich der Job und der Arbeitsplatz ersichtlich. Bei der Chefin eines Schuhgeschäfts, die zwischen gestapelten Kartons und Pumps steht, ist das schnell klar, doch schon bei der Frau in der Werkstatt sucht man das Foto nach Utensilien ab und wird beim Erkennen der Reifen an der Wand schlauer: Hier werden Fahrräder montiert. Die Hebamme ist in einem Wohnzimmer zu sehen, dezent im Hintergrund eine Mutter mit ihrem Baby. Die Köchin von Bioessen für Kindertagesstätten steht inmitten von Küchenutensilien. Bei der Chefin einer halbstationären Altenpflege deutet ein Schachspiel auf die Freizeitgestaltung hin. Und was passt besser auf den Schreibtisch einer Rechtsanwältin als Justitia.

Zu sehen ist auch eine Hausfrau und Mutter. Für Katrin Ribbe, die selbst zwei Kinder großzieht und weiß, wie hart dieser Job ist, ein Muss in ihrer Serie: „Das ist der Boss, der unbezahlt ist.“

Die Ausstellung „Boss“ im Forum Gestaltung, Brandenburger Straße 10, ist bis zum 28. Mai zu sehen. Geöffnet ist mittwochs bis sonntags von 14 bis 18 Uhr.