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Ausstellung Der Mahner aus dem Harz

In seiner Ausstellung "Schönheit und Schrecken" im Ilsenburger Kloster gewährt Karl Oppermann einen Einblick in die Breite seines Schaffens.

Von Julia Bruns 27.03.2018, 01:01

Ilsenburg l Es sind verstörende Bilder, die im Dormitorium des Ilsenburger Klosters ihre Wirkung entfalten. Brennende Himmel, Regen aus Blut, ein bedrohlich baumelnder Fleischerhaken, wie im Wahn aufschreckende Pferde und blitzende Skelette. Es geht um Flucht, Vertreibung, Heimatlosigkeit – um das Zweistromland, damit um Syrien. „Ich habe mich zunehmend in den letzten Jahren mit der Aussichtslosigkeit der Weltlage beschäftigt“, sagt Karl Oppermann.

Der 87-Jährige sitzt in seinem Atelier in Veckenstedt. Im Raum stehen zahlreiche Staffeleien, fertige und unfertige Ölgemälde und Collagen des gebürtigen Wernigeröders, der vor allem als Berlin-Maler internationale Bekanntheit erlangte. In seinen letzten Gemälden geht es um den Irakkrieg, um Syrien und die Flüchtlingsthematik. Hunger, Not, Elend sprechen aus den Bildern, die in ihrer Intensität in Kombination mit der Größe der Gemälde verstörend wirken.

Es sind 36 Großformate, die im Dormitorium des Ilsenburger Klosters noch bis Ende Juni ausgestellt sind. „Eine Bedingung für die Ausstellung war, dass nicht nur Schreckliches zu sehen ist“, sagt Galerist Richard Küster. Deshalb hat Oppermann dem Schrecklichen das Schöne gegenübergestellt. Unter diesem Titel – „Schönheit und Schrecken“ – treffen die düsteren Werke der letzten Jahre auf Motive, die farbenfroh und lebensbejahend dagegen stehen: Walpurgis-Szenarien am Brocken, den er von seinem Atelier aus stets vor Augen hat, und Stillleben. „Es ist eine Eloge an die Landschaften des Harzes“, sagt er.

Die Phase seines Spätwerkes, in der er sich mit Fluchtszenarien auseinandersetzt, sei nun abgeschlossen, sagt Oppermann, der sich selbst in der Tradition mitteldeutscher Maler wie Bernhard Heisig sieht. Die Schau bilde einen Schlusspunkt. „Ich würde irgendwann gerne noch mehr biblische Motive malen. Aber dafür bin ich noch zu jung“, sagt er und lacht. Eine Ausstellung in Magdeburg, wo er noch mehr von seinem umfangreichen Werk zeigen könnte, sei ein großer Wunsch. Nach wie vor malt er etwa 40 Bilder im Jahr. „Ich würde schon sagen, dass ich produktiv bin“, sagt er.

Karl Oppermann könne nicht anders, als politisch zu arbeiten. „Ich habe immer auf politische Geschehnisse reagiert. Ich bin aber nicht der Schicksalsmaler vom Dienst“, sagt er. Einer seiner drei Söhne ist Anwalt geworden und lebt in seinem Atelier in Barcelona, wo sich einige der mehr als 1000 Werke befinden, die Oppermann in seinem Leben geschaffen hat. Jura – ja, das hätte ihn auch gereizt, gesteht er. „Doch der Wille zu malen war größer“, sagt er.

So wie andere Kinder Klavierstunden nahmen, erhielt Karl Oppermann gemeinsam mit seinem Bruder Malunterricht. Mit 15 Jahren habe er sich entschieden, dass er Maler werden will. Doch was kann Kunst überhaupt bewirken? „Dass man das Denken und Nachdenken am Leben erhält“, ist er überzeugt.

Aus politischer Überzeugung verließ er nach dem Abitur die DDR, studierte ab 1950 an der Hochschule für bildende Künste in Westberlin. 1971 wurde er an seiner Alma Mater zum Professor berufen. Er lebte 46 Jahre in Berlin, unterbrochen von vielen Auslandsaufenthalten. 1996 kehrte er in den Harz zurück, wo Edda Grossmann, eine seiner wohl talentiertesten Schülerinnen, die historische Kunstmühle in Veckenstedt erwarb, in der er bis heute lebt und malt.