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Ausstellung Die Kompositionen des Ulrich Wüst

Das Kunstmuseum Kloster Unser Lieben Frauen zeigt Magdeburger Schwarz-Weiß-Fotografien von Ulrich Wüst.

Von Grit Warnat 22.10.2015, 01:01

Magdeburg l Die Front eines Hauses am Magdeburger Schleinufer. Die Sonne zeichnet Umrisse eines gegenüberliegenden Gebäudes auf die Fassade. Das Schattenspiel bringt ein Dreieck hervor, Quadrate, Rechtecke. Es ist ein Spiel mit Architektur und Licht. Für diese Komposition des Bildes hat Ulrich Wüst auf einen ganz bestimmten Stand der Sonne gewartet. Die Sonne ist es auch, die einen Bürgersteig, wie auf einer anderen Fotografie, als dunklen Streifen hervortreten lässt.

Der Betrachter trifft immer wieder auf solche Kompositionen, in denen er verschiedene geometrische Formen entdecken kann. In die Höhe ragende Schornsteine, Straßenfluchten, Bürgersteige, Fassaden, Häuser­ecken, gerade, schräg, abkippend. Straßenbahnleitungen parallel zu einem Kranausleger. Bei Ulrich Wüst wirkt alles fast wie ein abstraktes Bild. Er setzt mit seinen Schwarz-Weiß-Fotografien auf Sachlichkeit, auf das Minimalistische, auf das Komponieren. Da würden Menschen stören, auch Autos. Kaum sind sie zu finden. Wüst meidet das Bewegte im Bild. Es wäre Ablenkung. Kurator Uwe Gellner: „Wüst arbeitet mit dokumentarischen Mitteln. Er dramatisiert nicht.“

Ulrich Wüst, 1949 in Magdeburg geboren, lange Zeit schon in Berlin lebend, hat sich einen Namen gemacht als Fotograf von Städten und urbanen Räumen. Seine Arbeiten befinden sich in zahlreichen öffentlichen Sammlungen, darunter dem Deutschen Historischen Museum Berlin, den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, den Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz Berlin, der Staatsgalerie Stuttgart und der Kunstsammlung des Deutschen Bundestages.

Auch das Stadtplanungsamt Magdeburg hatte – allerdings für rein dokumentarische Zwecke – Arbeiten erworben. Inzwischen ist dieses Konvolut von Aufnahmen in die Sammlungen des Kunstmuseums eingegangen und wird hier, nachdem es 2001 schon einmal eine Ausstellung zur Morgenstraße gegeben hatte, erstmals vollständig gezeigt.

Es sind Arbeiten aus den Jahren zwischen 1981 und 2000. Wüst zeigt aus seiner Sicht das Wachsen und Werden einer Stadt. Dazu gehört für ihn vor allem auch der Verfall. Immer wieder hält der Berliner Künstler Marodes fest, verlassene Betriebsgelände, alte Häuser, blinde Fenster. Das touristisch Schöne der Stadt ist fast Fehlanzeige.

Wir würden beim Fotografieren das Besondere für uns festhalten, den Geburtstag beispielsweise, das Attraktive einer Stadt, sagt Kurator Gellner. Wüst habe eine ganz andere Sicht, aus der aber Zuneigung und Sympathie spreche. Wüst müsse eine Stadt genau kennen, sonst fotografiere er sie nicht.

Auch nach seinem Wegzug aus Magdeburg, dem Studium an der Hochschule für Architektur und Bauwesen Weimar und seiner Arbeit als Stadtplaner, zog es Wüst immer wieder in seine Heimatstadt zurück. Stets bedacht, Veränderungen festzuhalten wie in der ausgestellten Ottersleben-Serie. 1981 und 1998 fotografierte er vom gleichen Standpunkt aus Häuser und Straßen, achtete akribisch auf Jahreszeit und Lichteinfall. Neue Straße, neuer Bürgersteig, sanierte Dächer und Fassaden, neue Lichtmasten, manchmal völliger baulicher Stillstand.

Manches ist auch verschwunden. Häuser wurden abgerissen, Schornsteine wie der Lange Heinrich gesprengt. Wüst hat all das gespeichert. Auf seine Art. Es ist ein sehr persönlicher Blick auf die Umbrüche einer Stadt.

Ulrich Wüst „Aus: Magdeburg“ ist bis zum 29. November zu sehen.