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Ausstellung Kunstmuseum zeigt Bauhaus-Fotografien

Die neue Fotoausstellung im Kunstmuseum Magdeburg zeigt die Folgen von 100 Jahren Bauhaus auf die Bildsprache bis in die Gegenwart.

Von Grit Warnat 23.09.2019, 01:01

Magdeburg l Am legendären Bauhaus, das in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag feiert, wurde nicht nur der Begriff des Neuen Bauens geprägt. Mit der Kreativität und der Experimentierfreude der Lehrer und Studenten ging auch das Neue Sehen einher. Mit der Kamera wurde die Welt anders erkundet, fächerübergreifend und fern von eingefahrenen Strukturen das Medium Fotografie entdeckt. Anfangs war es Dokumentationsmittel, um das vielfältige Leben, die Architektur, die Produkte festzuhalten. Es war die Zeit der Avantgarde-Fotografie, die auf neue Bildkompositionen und ungewöhnliche Blickwinkel setzte. Gegenstände und Stadträume wurden aus einer ungewohnten Perspektive erkundet, erstmals Industriebauten abgelichtet. Was entstand, war nah am Konstruktivismus.

1929 wurde am Bauhaus in Dessau eine Fotoklasse eingerichtet. Fotografie wurde offizielles Lehrfach. Untrennbar verbunden ist sie mit dem Namen László Moholy-Nagy. Der einstige Bauhaus-Meister gehört zu den 80 Künstlernamen, deren Arbeiten seit dem Wochenende im Kunstmuseum Kloster Unser Lieben Frauen gezeigt werden. Lyonel Feininger und Hannes Meyer befinden sich darunter, Marianne Brandt, Florence Henri, Germaine Krull und Lucia Moholy.

Der Besucher trifft auf Bauhäusler und von ihnen beeinflusste Künstler. Sichtbar wird die Experimentierfreude, die die Fotografie nachhaltig beeinflusst hat. „Wir gehen vom Bauhaus aus und blicken bis in die Gegenwart“, sagt Museumsleiterin Annegret Laabs. Das Bauhaus habe Vorbilder geschaffen für den modernen Bildgebrauch.

Gezeigt werden 100 Jahre Arbeiten aus der Zeit des Bauhauses und bis 1945 sowie die Entwicklungen nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Zudem wird ein Studentenprojekt vorgestellt, das in Kooperation mit der Kunsthochschule Leipzig entstanden ist. Die Klasse Joachim Brohm hat sich sehr verschiedentlich dem Thema des Bauhaus-Ideen genähert.

400 Arbeiten sind zu sehen, alle Räume des Kunstmuseums werden bespielt, Fotos gibt es bis unters Dach. „Wir haben zwei Jahre an dieser Ausstellung gearbeitet“, sagt Laabs. Etliche private Leihgeber und Sammlungen ermöglichen diesen weiten Blick auf die Fotografieentwicklung. Und da das Kunstmuseum auch Sammlungsort für Fotografie ist, konnte auf das hauseigene Depot zurückgegriffen werden. Das beherbergt den Nachlass von Lore Krüger, der gebürtigen Magdeburger Fotografin, deren Nachlass seit einigen Jahren dem Museum gehört. Auch Arbeiten von Xanti Schawinsky sind im Sammlungsbestand. Der gebürtige Schweizer, der am Bauhaus in Weimar und Dessau wirkte, war von 1929 bis 1931 Leiter der Grafikabteilung des städtischen Hochbauamtes in Magdeburg. Einige seiner Magdeburg-Sichten sind zu sehen – von den belebten Kreuzungen mit Straßenbahnschienen bis hin zum Palucca-Auftritt am Theater Magdeburg.

Experimente mit Licht und Schatten ziehen sich durch die Arbeiten, ebenso das Spiel mit Raum und Bewegung. Die französische Foto-Avantgardistin Germaine Krull zum Beispiel hat 1923 einen Kran im Hafen von Rotterdam abgelichtet, eine der ersten Aufnahmen von Industrieanlagen. Der ungarische Konstruktivist Moholy-Nagy hielt um 1928 den Berliner Funkturm von oben fest – das Objekt durch den Blickwinkel ist nicht sogleich erkennbar. Marianne Brandt, in deren Fotoarbeiten die Vorliebe für Spiegelungen und Reflektionen sichtbar wird, hat denn auch ihr Atelier in der Kugel gespiegelt. Andere drapieren Pralinen, Eier, Schuhe.

Die Nachfolger dieser neuen Sichten, Fotografen, die sich haben beeinflussen lassen, wie Bernhard Blume, Gottfried Jäger, Brian Eno, Matthias Hoch finden breiten Raum in der Ausstellung. Ulrich Wüst, 1949 in Magdeburg geboren, hatte das Haus schon einmal eine Personalausstellung gewidmet und seine kompositorischen Sichten auf Architektur mit Dreiecken, Quadraten, Rechtecken gezeigt. Sein Name steht nicht nur für sachliche Stadtbilder. Mit seinem „Familienalbum“ breitet er einer Ziehharmonika gleich einen Kosmos an Erinnerungen aus.

Ricarda Roggan, 1972 in Dresden geboren, spielt in ihren vier ausgestellten Arbeiten mit Projektoren und Spiegelungen, mit denen sie ihren Apparaten kleine Bühnen gibt.

Es gibt unglaublich viel zu entdecken an fotografischen Positionen. Museumschefin Laabs weiß um die Fülle des Materials: „Wir wollen mit einem einmal gezahlten Eintritt zu einem weiteren, dann kostenfreien Besuch animieren.“ Sie hat sehr recht, wenn sie meint, mit nur einem Blick in die großangelegte Schau sei es nicht getan.