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Ausstellung Modernes Design der DDR im Harzmuseum

Ein Wernigeröder ermöglicht dem Harzmuseum mit einer Ausstellung einen Blick auf das Bauhaus-Erbe.

Von Grit Warnat 05.07.2019, 01:01

Wernigerode l „Es sei keine Ausstellung zum Bauhaus“, stellt Axel Rachwalski klar. „Ich will zeigen, was DDR-Formgestalter vom Bauhaus gelernt haben.“ Das sei viel mehr, als man vermutet. Rachwalski, der Wernigeröder, ist Sammler. Vasen, Kannen, Stühle, Spielzeug, Mixer, Essbesteck, Fotoapparate – er sammelt Gebrauchsgegenstände und technische Geräte, die Made in DDR sind, aber doch in der Tradition des Bauhauses stehen. Einige der Ideengeber haben noch am Bauhaus ihren Abschluss gemacht, andere fanden als Studierende in Bauhäuslern ihre Lehrmeister.

Hunderte Exponate hat Rachwalski in seinen vielen Hobby-Sammel-Jahren zusammengetragen. Er stellt aus auf engem Raum in seinem DDR-Design-Mini-Privatmuseum im Gießerweg von Wernigerode. Das wird sonntags aufgeschlossen. Im Harzmuseum nun hat er für die von ihm initiierte Ausstellung „Design. Bauhaus-Erbe in der DDR“ nettere Öffnungszeiten.

Vitrinen stehen voll mit Geschirr, Glas, Keramiken, Plastik-Campingsets. „Es ging nicht nur um die Form, sondern vor allem um die Funktionalität“, sagt Rachwalski. Kannen mit klarer Zylinderform von Margarete Jahny (1923–2016) durften nicht tropfen auf Tischdecken, die Deckel beim Eingießen nicht abfallen, sie mussten stapelbar sein und zudem geeignet für die großen Spülmaschinen in der Gastrononomie. Es wurde lange experimentiert, um künstlerische Idee und Produktion unter einen Hut zu kriegen. Heute kennt jeder, der in der DDR lebte, diese Gastronomieserie mit dem wenig anmutigen Namen „Rationell“.

Natürlich zeigt Rachwalski auch ein Schrankteil des legendären MDW-60-Programms, die Abkürzung für Montagesystem Deutsche Werkstätten, das der DDR-Design-Guru Rudolf Horn (gerade 90 geworden) entwickelt hatte und dank der großen Variabilität Abwechslung in die sonst so uniform aussehenden Wohnzimmer brachte. Staats- und Parteichef Walter Ulbricht jedoch war so gar kein Freund dieses individuell gestaltbaren Baukastenprinzips, er verhöhnte Horns Arbeit. Er sehe keine Möbel für die Werktätigen, sondern nur Bretter, ist ein Satz von Ulbricht überliefert. Horn aber, der an der Burg Giebichenstein erst studierte, dann lehrte, hatte Erfolg.

Jahre zuvor schon gab es die unsägliche Formalismusdebatte, sahen sich das Bauhaus und seine Ideale in der ostdeutschen Republik harten Anfeindungen ausgesetzt. Ulbricht hatte schon 1951 den Stil des Bauhauses als „volksfeindliche Erscheinung“ diffamiert. Dass Kunst dem Volke dienen sollte, machte es Architekten und Designern schwer, im Land zu arbeiten. Die DDR verlor so manchen klugen Kopf.

Das alles ist kein Erkenntnisgewinn aus der Ausstellung. Da setzt Rachwalski auf jene, deren Namen bis heute mit modernem DDR-Design verbunden sind. Selman Selmanagic gehört dazu, der am Dessauer Bauhaus sein Diplom machte, Zeichner im Baubüro von Gropius war und später Möbel für den VEB Deutsche Werkstätten Hellerau entwarf. Mehrere Stühle von ihm sind ausgestellt. Von Christa Bohne und Lutz Rudolph sind Bestecke zu sehen, die in ihrer Form so heutig sind, dass es nicht auffiele, wenn sie in einem WMF-Besteckkasten zum Verkauf angeboten werden würden.

Rachwalski sagt, er sei vor Jahren auch deshalb zum Sammeln gekommen, weil dieses Bauhaus-Erbe aus dem kulturellen Erbe der DDR ausgeschlossen war. Aber das Bauhaus hatte immer noch Einfluss auf Architektur und industrielle Formgestaltung. Was erst in Weimar und dann in Dessau gelehrt wurde, zog sich durch nachfolgende Generationen Lehrender und Studierender.

Der Sammler und Ausstellungsmacher ist ein wandelndes Lexikon. Eigentlich bei der Post beschäftigt, hat er sich etliches angelesen über Bauhäusler und Gestalter in der DDR, weiß kleine Geschichten um seine Ausstellungsstücke zu erzählen und Wissenswertes rund um die Formgestalter und ihre Produkte. In der Ausstellung sind die Exponate beschriftet, vieles rückt schon beim Anblick wieder ins Bewusstsein. Das Besteck, von dem man zu Hause aß, der Stuhl, der zum Wohnzimmer gehörte. Aber Einordnungen fehlen dann doch jenen, die mehr erfahren wollen als nur das Herstellungsjahr, den Designer und den Objektnamen. Rachwalski, so sagt er, führe gern durch die Ausstellung, wenn es zeitlich einrichtbar sei. Man sollte auf das Angebot zurückgreifen.