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Ausstellung Wie ein kleines gallisches Dorf

Eine Ausstellung im Kulturhistorischen Museum beleuchtet Magdeburgs Geschichte als Ort des Widerstands gegen Kaiser und Papst.

Von Grit Warnat 01.09.2017, 01:01

Magdeburg l „Wir leisten Widerstand“ und „Keine Kompromisse“ sind klare Botschaften, die in einem der Ausstellungsräume in großen Lettern von der Decke hängen. Darunter liegen Druckschriften in Vitrinen. Es sind einstige Flugblätter, die in Magdeburg verbreitet wurden. Die Stadt, das wird in Kapitel drei der Ausstellung deutlich, war Zufluchtsort lutherischer Glaubensflüchtlinge. Dort kämpfte man kompromisslos für Martin Luthers Ideen und wurde deshalb bekannt als „Herrgotts Kanzlei“, als Propagandazentrum der Reformation, als Verteidiger des Luthertums. „Magdeburg war wie ein kleines gallisches Dorf“, sagt Museumsdirektorin Gabriele Köster und meint, dass der Titel der Ausstellung deshalb keineswegs vermessen sei. Die Ausstellung ist „Gegen Kaiser und Papst“ überschrieben.

Was die Kompromisslosigkeit den Magdeburgern einbrachte, ist gleich wenige Meter weiter zu ersehen. Pikenierharnische, meterlange Lanzen, eine Kugelzange als Instrument der Feldmedizin, eine Amputationssäge. Sie sind Zeugen des Belagerungskrieges gegen eine Stadt, die sich der Freiheit der evangelischen Religionsausübung verschrieben hatte. Ein Holzschnitt aus dem Kupferstichkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin zeigt die belagerte Stadt mit gegnerischen Schanzen, Lagern und Schiffsblockaden auf der Elbe. „Die Reformation“, so sagt Kurator Tobias von Elsner, „ist keine friedliche Revolution gewesen.“ Bereits das anfängliche Hinwenden zu Luthers Glaubenslehre habe zahlreiche Konflikte mit sich gebracht: Zwischen Stadt und Erzbischof, zwischen dem Rat und der Bevölkerung, auch innerhalb der Familien.

Mit der Ausstellung „Gegen Kaiser und Papst“ gibt das Kulturhistorische Museum Magdeburg Einblicke in die Stadt im späten Mittelalter, die einst zu den mächtigen Metropolen des Alten Reiches zählte. Es ist eine Zeit, als Magdeburg wirtschaftlich und politisch blühte – ein unversehrtes Magdeburg, bevor die Stadt von Tillys Truppen 1631 dem Erdboden gleichgemacht wurde.

250 Exponate von 42 Leihgebern werfen einen Blick auf die Zeit nach dem Thesenanschlag Martin Luthers 1517 in Wittenberg. Zu sehen sind Flugschriften, Holzschnitte, Kupferstiche, historische Waffen, Ölgemälde, Taler. Zu den Exponaten gehört auch eine silberne Spottmedaille, die Christus zeigt, der einen Drachen besiegt. Der Drache stellt das Interim dar, das Gesetz, mit dem Kaiser Karl V. die Rückkehr zu katholischen Glaubensvorschriften befiehlt. Für Kurator Tobias von Elsner gehört diese Personifikation des Interims zu den wichtigsten Ausstellungsstücken. Auch das Museum wirbt mit dieser Propagandamünze als Hauptmotiv für die Sonderausstellung. Man habe nicht auf etwas sofort Erkennbares setzen wollen, sondern auf das eher Unbekannte, auf das Geheimnisvolle, sagt die Museumschefin.