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Bauhaus Wechselnde Ausstellungen in Dessau geplant

In Dessau wird ein Bauhaus-Museum gebaut. Wie ist der Stand der Vorbereitungen? Grit Warnat sprach mit Stiftungschefin Claudia Perren.

22.11.2017, 23:01

Volksstimme: Wie fühlen Sie sich als Bauherrin?
Claudia Perren:
Gut. Es ist eine große Herausforderung, aber man hat die Dinge auch besser in der Hand.

Am 4. Dezember ist es ein Jahr her, dass der Grundstein für das Museum gelegt wurde. Viel ist noch nicht zu sehen.
Die Teilunterkellerung ist erfolgt, die Bodenplatte gegossen. Jetzt geht es an die Treppenkerne und den Brückenbau, also den schwarzen Balken, in dem wir zukünftig die Sammlung ausstellen werden. Wenn der Winter uns nicht zum Baustopp zwingt, steht der Hochbau im nächsten Frühjahr.

Das Museum soll 2019 fertig sein. Wie wollen Sie das schaffen?
Der Zeitplan war von Anfang an sehr eng. Die Fördergeldzusagen, die spät kamen, der offene Wettbewerb, der kontaminierte Boden. Wir haben aber tolle Firmen für uns binden können. Ja, wir müssen auf Holz klopfen, aber ich bin sehr zuversichtlich.

Es wird immer nur von 2019 gesprochen, wenn es um die Eröffnung geht. In welchem Monat wird das Museum eröffnen?
Wir sagen noch keinen Termin, wir müssen schauen, wie wir durch den Winter kommen. Erst dann können wir uns festlegen.

Haben Sie Bauchschmerzen, dass es erst zum Ende des Jubiläumsjahres was werden könnte?
Ich habe keine Bauchschmerzen. Bisher läuft alles gut. Uns ist natürlich lieb, so früh wie möglich fertig zu sein, um so viel Jubiläum wie möglich mitnehmen zu können.

Liegen Sie noch im Budget?
Ja. Ich weiß, man kann sich das heute kaum vorstellen. Wir gehen fest davon aus, dass wir die veranschlagten 25 Millionen Euro an Kosten einhalten können.

Um das Museum betreiben zu können, müssen Sie innerhalb der Stiftung umstrukturieren. Wie ist der Stand?
Wir haben per Satzung drei Abteilungen: die Sammlung, die Akademie und die Werkstatt. Die Werkstatt haben wir bereits als kuratorische Werkstatt mit einer neuen Leitung aufgestellt. Dort laufen alle Ausstellungsplanungen zusammen. Wir haben immer schon Ausstellungen gemacht, agieren jetzt aber in neuen Größenordnungen und wollen immer wieder Neues aus dem Depot im Museum präsentieren.

Sie setzen auf wechselnde Ausstellungen?
Papierarbeiten dürfen mit ihrer Lichtempfindlichkeit nur wenige Wochen gezeigt werden. Um ihnen Ruhe zu ermöglichen, haben wir ein dynamisches Konzept einer Sammlungspräsentation erarbeitet. Wir reden nicht von einer Dauerausstellung, sondern wir wollen einmal im Quartal Dinge neu zeigen und thematisieren. Die Stiftung will damit auch Anreiz schaffen, dass Besucher wiederkommen. Das Jubiläum ist für uns der Aufschlag, es ist eine große Chance, das Museum zu etablieren.

Das Bauhaus-Jubiläum wird deutschlandweit gefeiert. Auch Weimar erhält ein neues Museum, und es gibt etliche Projekte vom Sprengel Museum Hannover über das Architekturmuseum in Frankfurt am Main bis zum Kunstverein Stuttgart. Das erinnert an die Größenordnung Reformationsjubiläum.
Beide Jubiläen kann man nicht unbedingt vergleichen, nur weil sie kurz aufeinander folgen. Die Ideenwelt der Bauhäusler begeistert bis heute weltweit. Wir werden zeigen, dass das Bauhaus eine wahre Fundgrube ist. Ausstellungen und Projekte sind deshalb nicht nur in den Bauhaus-Institutionen Berlin, Dessau und Weimar geplant. Zehn Bundesländer beteiligen sich, zudem der Bund und die Kulturstiftung des Bundes. Allein an der Grand Tour der Moderne, einer Art große Rundreise zur architektonischen Entwicklung, nehmen 100 Orte teil. Und es werden immer mehr. Wir spüren ein riesiges Interesse von Institutionen, aber auch von freien Projekten, sich mit dem Bauhaus auseinanderzusetzen. Für Sachsen-Anhalt hoffe ich sehr, dass nicht nur Luther nachhaltig Fuß fasst, sondern auch die Moderne.

Welche Städte aus Sachsen-Anhalt feiern das Gründungsjubiläum mit?
Vor allem Dessau, Magdeburg und Halle. Magdeburg will auf die Architektur der Moderne setzen, Halle auf Kunst und Design und Dessau auf die ganze Bauhauskultur.

Wenn alle feiern, warum soll man nach Sachsen-Anhalt reisen?
Weil wir die Bauhaus-Architektur haben. Und weil wir in Dessau erstmals unsere eigene Sammlung präsentieren, die eine ganz besondere Sammlung ist. Sie wurde erst in den 1970er Jahren gegründet – von null. Heute haben wir nach Berlin die zweitgrößte Bauhaus-Sammlung. Es war ja ungewöhnlich, dass eine Schule so viel produzierte. Wir werden erklären, warum das Bauhaus Dessau nicht nur für Architektur, sondern auch für Lehre und Produkte steht, wie es zu Prototypen und Produktentwicklungen kam und welche Rolle die Zusammenarbeit mit der Industrie spielte. Gleichzeitig wurden die Produkte auch ausgestellt, beworben und an den Kunden gebracht. Um all das zu erfahren, werden die Menschen zu uns kommen. Wir wollen viel Neues vom Bauhaus und der Moderne erzählen.

Sie haben die Architektur angesprochen. Wie präsentieren Sie die einmaligen Dessauer Bauhaus-Bauten?
Wir werden zeigen, dass die Bauhäusler hier eine eigene Schule, ihre Häuser und Sozialwohnungen bauen konnten. Die Stiftung richtet die Bauhaus-Bauten mit neuen Ausstellungen aus, die zum ersten Mal eine kuratorische Gesamt­erzählung verbinden wird. Dieses Projekt ist fast noch einmal so aufwendig wie die Sammlungspräsentation im Museum.

Mit dem landesweiten Ausstellungsprojekt „Große Pläne“ gab es 2016 einen ersten umfassenden Blick auf die Moderne in Sachsen-Anhalt. Sehen wir heute das Innovative von einst mit anderen Augen?
Ja. Wir haben den Blick auf moderne Typen, Fantasten und Erfinder gelenkt und gezeigt, dass in Mitteldeutschland ein ganz besonderer Geist herrschte. Das Bauhaus wollte im Alltag ankommen, es wollte die Gesellschaft mitprägen. Gleichzeitig gab es diverse Verbindungen und parallele Strömungen wie die Magdeburger Moderne. Wenn man heute noch in Bauten aus den 20er Jahren wohnt, dann kann man das als Erfolgsstory bezeichnen.