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Benneckenstein Verhextes Festival

Auf der Waldbühne von Benneckenstein findet in den nächsten zwölf Tagen das Festival Theaternatur statt. Das Motto: Verhext.

Von Grit Warnat 04.08.2017, 01:01

Benneckenstein l „1666 beginnt unsere Geschichte. Überall brannten Scheiterhaufen und mit ihnen die Hexen.“ Schauspielerin Franziska Kleinert spricht’s und schneidet Brot dabei im Bühnenbild mit Vertiko, Ohrensessel und Kaffeemühle an der Wand. Es ist die Bühne für das Stück „Im Schatten der Hexen“, das nach dem Buch der Halberstädter Autorin Kathrin R. Hotowetz für das Festival Theaternatur adaptiert wurde. Der mystische Krimi, der im Harz spielt, wird heute Abend in authentischer Landschaft uraufgeführt.

Als Sprechtheater mit Klangpoesie bezeichnet Regisseurin Clara Hinterberger die Inszenierung, in der es um Ängste der Menschen vor Fremden, dem Unsichtbaren und bösen Mächten geht. „Wir wollen die Ängste und Sorgen der Figuren herausarbeiten“, sagt sie. Es gehe um unser Streben nach Sicherheit und die Fragen, wem man noch trauen kann und warum der eine mehr liebt und der andere mehr hasst, so die Regisseurin, die sich bereits vor zwei Jahren beim Festival auf musikalisch-dokumentarische Weise mit dem Ort Benneckenstein auseinandergesetzt hat. Diesmal nun Schauspiel mit einer eigens erschaffenen Komposition und einer Videoanimation.

Nicht nur diese Umsetzung des Buches für die Bühne ist ambitioniert. Das Festival an sich ist größer und professioneller geworden. 50 Veranstaltungen sind an zwölf Tagen geplant. Das sind 22 mehr als im vergangenen Jahr. Dafür musste das Team wachsen. 40 Leute stehen zur dritten Auflage vor, auf und hinter der Bühne. Und Janek Liebetruth, der nicht müde werdende Festivalorganisator, der in Benneckenstein aufwuchs und als freier Regisseur arbeitet (im Januar hat seine Inszenierung „Clyde und Bonnie“ Premiere am Nordharzer Städtebundtheater), führt elf Schauspieler auf der Bühne zur „Hexenjagd“. Das Drama von Arthur Miller geht zurück ins 17. Jahrhundert und greift eine Jagd auf vermeintliche Hexen im heutigen Massachusetts auf. Nicht nur des Hexen-Themas wegen passt das Stück zum Festival – Liebetruth haben vor allem die aktuellen Parallelen gereizt. Es gehe um Angst vor dem Teufel, vor starken Frauen, vor allem um Angst vor Veränderung. „Das Stück zeigt auch, wie eine Falschmeldung als Wahrheit genommen wird. Es wurde einfach behauptet: Das ist eine Hexe. Das wurde geglaubt.“

Liebetruth will das Stück nicht 1:1 in die heutige Zeit holen: „Ich arbeite eher subtil und allegorisch. Ich will Assoziationsräume öffnen.“ Nach der Premiere am Sonnabend wird „Hexenjagd“ noch viermal aufgeführt.

Doch es gibt nicht nur Schauspiel, sondern auch Lesungen, Tanz, Musik und Film. „Maldición Bruja“ (Fluch der Hexe) von Jorge García Pérez wird beim „Hextett“ vom Ensemble Carta Blanca Dance aus Basel uraufgeführt. Die Musiker des Staatsorchesters Braunschweig spielen passend zum Motto „Hexen-Werke“ zum Sinfoniekonzert auf, und auf einer neu geschaffenen kleinen Spielstätte mit LED-Wand gibt es Filme rund um Hexen und Grusel. Der DDR-Klassiker „Spuk unterm Riesenrad“ wird ebenso laufen (Regisseur Günter Meyer hat sich angekündigt) wie der moderne Horrorklassiker „Blair Witch Project“. Gänsehaut ist garantiert im Dunkel unterm Tannengrün.