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Zu Hause unbekannt - Dr. Siri, der Held aus Laos

25.05.2014, 23:27

Chumphon - Verbissen, exzentrisch und gegen alle Widerstände von Bürokratie, Partei und Gangsterbossen ermittelt der Leichenbeschauer Dr. Siri Paiboun im kommunistischen Laos der späten 1970er jahre.

Fans in aller Welt lieben die preisgekrönte Krimireihe des britischen Autors Colin Cotterill (61). Nur im Heimatland von Dr. Siri hat noch fast niemand etwas von dem starrköpfigen Ermittler gehört. Die Bücher wurden bislang nicht in die Landessprache übersetzt.

Außerdem hätte Dr. Siri im echten Leben in Laos große Probleme, sagt Autor Cotterill: "Ein echter Dr. Siri wäre dort schon lange weggesperrt worden. Er macht zu viel Wirbel." Die staatlich gelenkten Medien des Landes berichten selten über Verbrechen, die Zensur ist überall.

Auf Deutsch hat Dr. Siri in bislang sechs Fällen ermittelt. Band sieben ("Grabgesang für Dr. Siri") der wohl einzigen international bekannten Krimiserie, die in Laos angesiedelt ist, erscheint Ende Mai (26.5.) im Münchner Manhattan Verlag. Im englischen Original sind bislang neun Bände erschienen. Dr. Siri verkaufe sich besser in Deutschland als in seiner Heimat Großbritannien, erzählt Cotterill der Nachrichtenagentur dpa.

"Niemand mag mein Zeug in England. Ich habe keine Ahnung warum." Britische Leser bevorzugten andere exotische Krimihelden. "Wenn nicht der deutsche Markt wäre, würde ich wahrscheinlich hier auf der Straße Papayas verkaufen", meint Cotterill, der in Thailand in einem Haus am Strand lebt.

Mit Dr. Siri, dem ersten und einzigen Leichenbeschauer von Laos, hat der 61-jährige Cotterill eine Figur geschaffen, mit der er Einblicke in eine wenig bekannte Ära des südostasiatischen Landes geben will.

1975 wird Laos kommunistisch. Dr. Siri, schon reife 72, tritt seinen Posten in der Hauptstadt Vientiane 1978 an und stolpert immer wieder über mysteriöse Todesfälle. Unterstützt wird er von der Krankenschwester Dtui, die eigentlich in der DDR studieren will, und Herrn Geung, einem Leichenwäscher mit Down-Syndrom. Obwohl seit Jahrzehnten Parteimitglied, hat Dr. Siri schon lange den Glauben an den Marxismus verloren. Sein Sarkasmus gegenüber den Parteibonzen und der Bürokratie macht einen Gutteil des Erfolgs der Krimireihe aus.

Die Geschichten beruhen zum Teil auf Interviews mit Laoten, die diese Zeit miterlebt hatten. Cotterill selbst lebte mehrere Jahre in Laos. Er wünsche sich, eines Tages mit laotischen Studenten über seine Interpretation - oder Fehlinterpretation - der Geschichte des Landes diskutieren zu können, sagt er.

Die Abenteuer von Dr. Siri sind trotz der strengen Zensur in Laos erhältlich, allerdings nur in wenigen Läden und auf Englisch - das nur sehr wenige Menschen dort sprechen. Die Reihe wurde in mehrere Sprachen übersetzt, aber eine Übersetzung auf Lao sei schwierig, sagt Cotterill. Das Problem liege nicht so sehr an der politischen Lage, sondern an der Qualität der Übersetzer, sagt Robert Cooper von Lao Insight Books, dem Herausgeber in Laos. Mehrere Übersetzer seien bereits an dem Material gescheitert. Ob Dr. Siri in laotischer Sprache den Zensoren entkommen würde, ist aber fraglich.

Bei Studenten, die eine Thai-Version der Abenteuer von Dr. Siri lasen, sei der Krimi prinzipiell gut angekommen, erzählt Cooper. Allerdings wurde der Sarkasmus des Leichenbeschauers oft als Kritik interpretiert. Dies habe Unbehagen hervorgerufen und Leser hätten sich weniger "Politik" gewünscht. Denn Laos ist immer noch ein totalitärer, kommunistisch regierter Staat. Kritiker verschwinden manchmal spurlos. Auch Dr. Siri hätte hier nichts zu lachen, sagt Cotterill.

- Colin Cotterill: Grabgesang für Dr. Siri, Manhattan Verlag, München, 384 Seiten, 17,99 Euro,ISBN 978-3-442-54738-8.