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Ulrich Greiner über Schuld, Scham und Peinlichkeit

11.03.2014, 10:55

Reinbek - Im April 1969 wird der Philosoph Theodor Adorno Opfer eines "Busenattentats". Während einer Vorlesung bedrängen ihn drei junge Frauen mit ihren nackten Brüsten. Adorno verlässt fluchtartig den Saal.

Die Studentinnen schämen sich später in Grund und Boden für ihren Nacktauftritt. Für Ulrich Greiner ist diese Aktion ein bezeichnendes Beispiel dafür, wie sich unser Schamgefühl verändert hat. Heute fände diese Geschichte wohl kaum einer mehr beschämend. Man ist weitaus härtere Kost gewohnt.

In seinem Buch "Schamverlust" beschreibt der frühere Feuilletonchef der "Zeit", wie sich unsere Gefühlskultur im Laufe der Zeit gewandelt hat. Die Furcht vor Peinlichkeit - etwa sich falsch zu kleiden - hat heute die Scham ersetzt. Doch ist Peinlichkeit das weitaus schwächere Gefühl, ist sie doch kaum mit Schuld verbunden.

In seinem Buch schlägt Greiner einen weiten Bogen vom berühmten Schwitzfleck der Kanzlerin in Bayreuth bis zur "Strategie der Entblößung" bei Lady Gaga und dem "Verlust der Contenance" bei den "Buddenbrooks" von Thomas Mann.

- Ulrich Greiner: Schamverlust. Vom Wandel der Gefühlskultur, Rowohlt Verlag, Reinbek, 352 Seiten,22,95 Euro, ISBN 978-3-498-02524-3.