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Tag des Kinderbuchs Die Geschichte von Conrad Chamäleon

Zum Tag des Kinderbuchs stellt die Volksstimme den Autor Gerald Fiedler (58) vor, er ist der geistige Vater von „Conrad Chamäleon“.

Von Janette Beck 31.03.2018, 01:01

Magdeburg l Gerald Fiedler (58) ist in Magdeburg kein Unbekannter. Der freischaffende Schauspieler und Regisseur gehörte lange zum Team der Kammerspiele, machte bis 2017 bei „Olvenstedt probiert’s“ mit. Dass er auch am Tag des Kinderbuches (2. April) Thema ist, hat seinen Grund: Fiedler ist der geistige Vater von „Conrad Chamäleon“.

Conrad Chamäleon sitzt weinend im Gras. Seine Freunde haben ihn vom Versteckspiel ausgeschlossen. Der Grund: Conrad gewinnt immer. Er wird nie gefunden, denn ein Chamäleon, das liegt nun mal in der Natur der Sache, passt sich perfekt seiner Umgebung an. Conrad aber hadert mit seinem Schicksal, denn selbst wenn er sich gar nicht verstecken will – die Freunde sehen ihn nicht. Während das Chamäleon traurig im grünen Gras sitzt, tritt der Elefant „Dombo“ versehentlich auf seinen Schwanz. Conrad rennt aufgescheucht und getrieben von seinen aufgewühlten Emotionen schnurstracks in ein spannendes Abenteuer ...

Dass Kinder ab fünf Jahren in eine kunterbunte Tierwelt eintauchen und Freud und Leid mit dem Chamäleon und seinen Freunden teilen können, ist Gerald Fiedler zu verdanken. Der gebürtige Berliner hat das Kinderbuch geschrieben. 2007. Es ist sein einziges – veröffentlicht auch als Hörbuch.

Doch wie kam er überhaupt dazu? Gerald Fiedler, der bis 2017 auf Sachsen-Anhalts Schauspielbühnen zu Hause war und in Magdeburg lange seinen Lebensmittelpunkt hatte, ist da ganz ehrlich: „Wie das als freischaffender Schauspieler und Regisseur nun mal so ist: Ich war damals arbeitslos, musste mir Gedanken machen, wie ich die Zeit schöpferisch nutze und natürlich auch, dass irgendwie möglichst Geld reinkommt.“

Zu dem Zeitpunkt war Conrad bereits geboren. Erfunden von Familienvater Fiedler, um seine drei Kinder mit den Geschichten rund um das kleine Chamäleon vor dem Schlafengehen zu fesseln. „In einer Künstlerfamilie wie unserer hatte das geschriebene Wort schon immer große Bedeutung. Alle wuchsen damit auf. Das Verschlingen von Büchern hat Tradition“, erzählt er. Irgendwann kannten die Kinder – bis heute alle drei „Leseratten durch und durch“ – sämtliche Gute-Nacht-Geschichten in- und auswendig. Und sie fanden das Vorlesen der Bücher langweilig, erinnert sich der 58-Jährige. „Also erfand ich Conrad. Jeden Abend musste ich die Geschichten über ihn und seine Freunde weiterspinnen.“

Die eigenen Kinder waren es auch, die den damals erwerbslosen Vater animierten, Conrads Geschichte aufzuschreiben. Und dann hat er sich irgendwann tatsächlich hingesetzt und angefangen zu schreiben: „Ich habe die Story immer weiter ausgefeilt, und natürlich habe ich aus didaktischer Sicht auch versucht, eine Message kindgerecht zu verpacken: Die des Andersseins und Dazugehören-Wollens.“

Fiedler, ein Science-Fiction-Fan, der bereits in seiner Schulzeit utopische Kurzgeschichten schrieb, gibt in der Nachbetrachtung zu, dass er sich das Schreiben eines Kinderbuches „wesentlich einfacher vorgestellt“ hatte, als es am Ende war. Er habe unterschätzt, wie lange es dauert, die richtigen Worte zu finden und zu Papier zu bringen. Und vor allem, „wie stressig und anstrengend die Zusammenarbeit mit einer Lektorin ist, der ich die deutsche Rechtschreibung beibringen musste“.

Wesentlich angenehmer war für ihn die Zusammenarbeit mit Sonja Renner, der in Magdeburg lebenden Illustratorin des Buches. Fiedler: „Das hat viel Spaß gemacht mit Sonja und war sehr inspirierend.“ Die freischaffende Malerin hat Conrad und seinen Freunden ein Gesicht gegeben und sie praktisch lebendig werden lassen. Oder wie es in einer Rezension beschrieben wird: „Sonja Renner hat die richtigen, bezaubernden und wunderschönen Bilder für den Geist dieses besonderen Kinderbuches gefunden.“

Und doch, es scheint irgendwie Conrads Schicksal zu sein: So schnell er in den Buchhandlungen auftauchte, so schnell war er auch wieder aus den Regalen verschwunden. Damit teilt das Kinderbuch das triste Dasein vieler anderer ohne Lobby und Anerkennung: Verkannt, vergilbt, vergessen. So blieb es bei einer Mini-Auflage von nur 1000 Exemplaren – erschienen im Magdeburger Sich-Verlag.

Doch der geringe Absatz ist nicht der Grund, warum Fiedler die im Erstlingswerk angekündigte Fortsetzung der tierischen Geschichten schuldig blieb. „Sie existieren in der Tat in meinem Kopf, aber es fehlte mir schlichtweg die Zeit, ein weiteres Buch in Angriff zu nehmen“, so der Ex-Magdeburger, der seit Sommer 2017 eine Festanstellung am Theater in Augsburg gefunden hat.

Conrad und seinen Freunden wäre es zu wünschen, dass der „Autor a. D.“ ihnen irgendwann neues Leben einhaucht – Idee und Story sind es allemal wert.