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Corona Die Kulturbranche kämpft

Buchmessen, Clubnächte, Kunstmärkte - die Ausbreitung des Corona-Virus schlägt eine Schneise durch das kulturelle Leben.

04.03.2020, 23:01

Berlin (dpa) l Das Corona-Virus macht vor der Kultur nicht halt. Die Intervalle zwischen Absagen auch großer und branchenwichtiger Veranstaltungen werden immer kürzer. Die Leipziger Buchmesse fällt genauso aus wie etwa Buchmessen in Bologna, Paris und London oder die Kunstmessen Art Basel Hongkong und Art Dubai. Doch es trifft auch die Kleinen. Der berühmte KitKatClub in Berlin cancelt eine Veranstaltung ebenso wie das Kunsthaus Dahlem. Begründung jeweils: Sars-CoV-2.

„Wir sind der Ort, wo Menschen zusammenkommen, das ist ja die Idee von Kultur“, sagt Olaf Zimmermann vom Deutschen Kulturrat, der Dachorganisation für 259 Bundeskulturverbänden. Der Geschäftsführer verschafft sich gerade einen Überblick der Folgen für die Mitglieder. „Je kleiner eine Einrichtung, desto problematischer können die Auswirkungen sein“, sagt Zimmermann. Große, öffentlich geförderte Institutionen müssten vielleicht Einnahmeausfälle verkraften, seien aber durch ihre Grundfinanzierung nicht sofort in Gefahr.

Zimmermann fürchtet mitunter existenzielle Auswirkungen in allen Sparten. „Das frisst sich durch den gesamten Kulturbereich.“ Einen ersten Überblick möglicher Folgen und Forderungen will er an Kulturstaatsministerin Monika Grütters weitergeben. Die CDU-Politikerin soll sich bei staatlichen Stützprogrammen für die Kultureinrichtungen stark machen.

Grütters will sich nach Angaben ihren Hauses bemühen, „die geförderten Kultureinrichtungen so auszustatten, dass sie auch unvorhergesehene Belastungen im Rahmen der ihnen zur Verfügung stehenden Mittel stemmen können“. Bei etwaige Kompensationszahlungen der Bundesregierung für besonders betroffene Branchen will Grütters auch Kultureinrichtungen „nach Kräften unterstützen“.

Kultureinrichtungen sollten bei ihren Entscheidungen Empfehlungen des Robert Koch Instituts zugrunde legen.

„Die Risiken sind nicht bei allen Veranstaltungen gleich groß“, heißt es dort. Absagen, Verschieben oder Umorganisation von Massenveranstaltungen könnte gerechtfertigt sein, „um der vorrangigen Gesundheitssicherheit der Bevölkerung Rechnung zu tragen“. Deswegen sollten Verantwortliche Risikofaktoren wie Zusammensetzung und Anzahl der Teilnehmer oder Örtlichkeit sorgfältig abwägen, empfiehlt das Bundesinstitut.

Fans von James Bond fordern eine Verschiebung des Starts für den neuen Bond-Film „No Time to Die“. Beim Kinoverband HDF heißt es: „Wir beobachten die aktuelle Lage engmaschig“. Sollten einzelne Kommunen aufgrund unterschiedlich bewerteter Gefahrenlage zu intensivierten Empfehlungen oder Auflagen greifen, werde den Kinos vor Ort empfohlen, dies umzusetzen.

Die Absage im KitKat-Club gehe darauf zurück, dass DJs aus Risikogebieten Italiens erwartet wurden, weiß Lutz Leichsenring von der Clubcommission der Hauptstadt.

Derweil haben Fans nach der Absage der Leipziger Buchmesse im Internet eine Soli-Aktion für kleinere Verlage ins Leben gerufen. Unter dem Hashtag #bücherhamstern werden seit gestern auf Twitter eifrig Lese-tipps vor allem aus unabhängigen Verlagen ausgetauscht. Verbreitet wurde der Hashtag vom Phantastik Autoren Netzwerk (PAN).

„Kleinverlage machen einen erheblichen Umsatz auf der Leipziger Buchmesse“, sagte die PAN-Vorstandsvorsitzende Diana Menschig.

Einen großen Verlag und einen bekannten Autor störe es nicht, wenn ihm eine Buchmesse-Lesung mit 50 verkauften Büchern entgehe. „Aber Kleinverlage haben dreistellige Auflagen, sagen wir 500. Und da sind 50 nicht verkaufte Bücher eben 10 Prozent des Umsatzes“, sagte Menschig.

Neben diesen Einnahmen gehe durch die Buchmesse-Absage auch die ganze Aufmerksamkeit für die Autoren verloren. „Es wird den Schaden nicht abwenden. Aber jedes Buch, das verkauft wird, hilft.“