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Debatte Wie politisch ist das Bauhaus?

Nach der umstrittenen Konzertabsage im Bauhaus Dessau hofft Kulturstaatsministerin Monika Grütters auf Lerneffekte.

23.12.2018, 23:01

Berlin (dpa) l Die heftig umstrittene Konzertabsage im Bauhaus Dessau überschattet aus Sicht von Kulturstaatsministerin Monika Grütters den Auftakt im Jubiläumsjahr der Design- und Architekturschule. "Sicherlich wirkt das noch etwas nach", sagte die CDU-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in Berlin. Gleichzeitig seien mit dem Bauhausjubiläum im kommenden Jahr große Chancen verbunden.

Unter dem Motto "Die Welt neu denken" erinnern 2019 deutschlandweit mehr als 500 Veranstaltungen an die Gründung der einflussreichen Talentschmiede vor 100 Jahren. Elf Länder, der Bund und die Bauhaus-Institutionen in Weimar, Dessau und Berlin haben sich dafür zusammengeschlossen. Auftakt ist am 16. Januar in Berlin.

"Der Start war etwas holprig durch eine zwar notwendige, aber ungeschickt geführte Debatte", sagte Grütters. "Es geht darum, wie Kultur und wie Kultureinrichtungen sich in einem schwieriger gewordenen politischen Umfeld positionieren." Sie verwies darauf: "Gerade das Bauhaus hat immer den Anspruch gehabt, sich nicht nur mit ästhetischen Fragen auseinanderzusetzen, sondern auch mit sozialen – und damit eben auch mit Politik."

Mit der Gründung des Staatlichen Bauhauses 1919 in Weimar wollte der Architekt Walter Gropius (1883-1969) nach den Schrecken des Ersten Weltkriegs über die Gestaltung alltäglicher Dinge moderne Menschen prägen. 1925 ging die Hochschule unter politischem Druck nach Dessau, 1932 nach Berlin. Die Nazis schlossen das Bauhaus im Jahr darauf.

Die Stiftung Bauhaus Dessau hatte im Oktober die umstrittene Absage eines ZDF-Konzerts mit der linken Punkband Feine Sahne Fischfilet auf der historischen Bühne des Hauses durchgesetzt. Direktorin Claudia Perren befürchtete Demonstrationen, nachdem rechte Gruppierungen gegen das Konzert mobil gemacht hatten. Nach Argumentation des Bauhauses Dessau sollte die Unesco-Weltkulturerbestätte nicht zum Austragungsort politischer Agitation und Aggression werden. Zahlreiche Kulturschaffende und Bauhaus-Verantwortliche kritisierten daraufhin die Absage teils deutlich.

Die Entscheidung hänge noch in den Köpfen, sagte die Kulturstaatsministerin. Doch: "Die Debatte hatte zumindest eine positive Wirkung: Inzwischen wissen alle, dass das Bauhaus auch dezidiert politische Positionen bezieht und mehr als nur eine Architekturrichtung verteidigt", sagte Grütters. Neben der ästhetischen, gestalterischen Avantgarde habe sich auch eine dezidiert gesellschaftlich-politische Moderne gezeigt. "Hinter Design und Architektur steht ein Menschen- und Gesellschaftsbild, das eine Aufbruchstimmung nach dem Ersten Weltkrieg bedeutet hat."

Auf Situationen wie in Dessau will die Politikerin führende Kulturverwalter besser vorbereiten. "Das soll uns ein Warnzeichen sein und unterstreichen, dass wir die politische Dimension, die doch jeder Kulturproduktion immanent ist, durchaus ernst nehmen müssen – auch wenn das mancherorts schwieriger wird." Grütters will Führungsebenen entsprechend schulen: "Beispielsweise bei Tagungen für Verwaltungsleiter wollen wir künftig auch solche Fragestellungen berücksichtigen." Dabei sieht sie Konflikte von der Kunstfreiheit gedeckt: "Provokation ist natürlich auch ein Charakterzug der Kunst."