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Klicken statt kicken: Computerspiele als Sportart

09.01.2015, 11:17

Köln - Wer ein Computerspiel besonders gut beherrscht, verdient sich damit nicht nur den Respekt seiner Freunde. Mit dem sogenannten E-Sport finanzieren sich einige geübte Zocker sogar das Studium. Einfach ist das aber keineswegs.

Um mehrere tausend Zuschauer in ein Fußballstadion zu locken, braucht es nicht unbedingt 22 Sportler und einen Ball. Manchmal reichen dafür auch zehn Jungs mit Computern, die sich in virtuellen Welten mit Fantasiefiguren bekämpfen. So war es zumindest Ende Juni 2014 beim Turnier "ESL One" in der Frankfurter Arena: Bis zu 12 500 Fans wollten hier den besten "Dota 2"-Spielern der Welt in Aktion zu sehen.

Wenn aus Computerspielen eine Sportart mit Zuschauern, Sponsoren, Teams und Ligen wird, spricht man von E-Sport. Die ersten Veranstaltungen dieser Art gab es schon vor mehr als zehn Jahren. Dann war es lange still um die Szene - weg war der E-Sport aber nie. "Als Community ist die E-Sport-Gemeinde sehr stabil", erklärt Michael Wagner, Professor für Digitale Medien an der Drexel University in Philadelphia, USA. Die Popularität des E-Sports steigt weiter an.

Gründe gibt es viele, erklärt Michael Bister von Turtle Entertainment, Veranstalter der Electronic Sports League (ESL) und zahlreicher weiterer E-Sport-Wettbewerbe. Ein Grund sind Streaming-Plattformen wie Twitch oder Ustream: "Nicht nur, weil es das Zuschauen bei Turnieren einfacher macht", so Bister. "Sondern auch, weil Spieler und Teams damit sehr einfach selbst streamen können."

Dazu kommen Spiele wie "Dota 2" oder das ähnliche "League of Legends", die zu den beliebtesten E-Sport-Disziplinen zählen. Sie sind nicht nur bunt, schnell, sondern auch kostenlos. "Jeder kann sie einfach herunterladen und ausprobieren, das macht die Profi-Matches nachvollziehbarer", erklärt Bister. Noch zugänglicher wird der E-Sport dadurch, dass es wie beim Fußball inzwischen Kommentatoren gibt, sogenannte Caster, die taktische Feinheiten erklären.

Weitere populäre Spiele sind Strategietitel wie "Starcraft 2", die "Fifa"-Reihe und der Klassiker "Counter-Strike". Die ESL geht davon aus, dass es in Deutschland etwa drei Millionen E-Sport-Fans gibt. Die Zuschauer kommen aus allen Altersgruppen, die Spieler selbst sind aber meistens zwischen 16 und 25 Jahren alt. Auch wenn Frauen mittlerweile gut die Hälfte aller Computerspieler stellen, ist der E-Sport nach Angaben von ESL-Sprecher Bister eine Männerdomäne.

Die besten E-Sportler können von dem einstigen Hobby inzwischen sogar leben oder sich etwas dazuverdienen. "Die meisten Athleten sind Schüler und Studenten", sagt Michael Bister. "Der eine geht kellnern, der andere spielt halt am Wochenende seine Turniere." Geldquellen gibt es mehrere: Bei einigen Turnieren werden fünf- bis sechsstellige Preisgelder ausgeschüttet, professionelle Teams haben Sponsoren, und die internationalen Stars der Szene verdienen Geld mit Merchandising.

Verglichen mit anderen Ländern steckt das professionelle Zocken in Deutschland aber noch in den Kinderschuhen. "In Korea oder im ganzen asiatischen Raum hat das einen ganz anderen Stellenwert", erklärt Michael Wagner. "Die Gesellschaft ist dort viel offener gegenüber spielerischen Aktivitäten, das sorgt für eine ganz andere Akzeptanz." Er glaubt, dass es auch in Deutschland irgendwann so aussehen könnte. "Langfristig wird die Akzeptanz steigen. Nicht, weil sich der E-Sport ändert, sondern weil sich die Gesellschaft ändert." Kinder und Jugendliche wachsen heute ganz selbstverständlich mit digitalen Spielen auf - davon profitiere auf lange Sicht auch der E-Sport.

Künftig könnte es also noch mehr Gelegenheit geben, spielend zu Geld zu kommen. Ohne viel Freizeit zum Üben wird das aber nichts: "Die Profis trainieren mit Pausen sechs bis acht Stunden am Tag", sagt Michael Bister. Es geht aber auch ohne Intensivtraining: "In den niedrigeren Ligen kann man auch schon mitspielen, wenn man zwei- bis dreimal pro Woche ein bis zwei Stunden am Tag trainiert." Dann geht es aber nicht um Geld, sondern vor allem um Spaß. Vor allem bei minderjährigen Spielern ist das auch gut so, sagt Torben Kohring, Pädagoge von der Fachstelle für Medienkultur Nordrhein-Westfalen. "Besser sind Strukturen, in denen klar ist, dass es nur um ein Hobby oder einen Zeitvertreib und nicht um die großen Preisgelder geht", sagt er. "Da sollten auch die Eltern drauf achten." Ansonsten leiden unter dem Training irgendwann die zwischenmenschlichen Kontakte.

In kleinem Rahmen kann E-Sport sogar eine Bereicherung sein, sagt Kohring. "In der Regel läuft der Einstieg darüber, dass man sich mit ein paar Freunden aus der Klasse zu einem Team zusammentut." Ohne ein wenig Disziplin, Kommunikations- und Organisationstalent geht dabei nichts. Im Idealfall schult das Spielen so nicht nur das taktische Verständnis und den Mausfinger, sondern auch noch andere Fähigkeiten.