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Eröffnung Viel Ärger ums Winckelmann-Museum

Das Winckelmann-Museum in Stendal will sich neu aufstellen. Mehrfach wurde die Eröffnung verschoben. Im Dezember soll es nun soweit sein.

Von Grit Warnat 22.11.2018, 00:01

Stendal l Der Altertumsforscher Johann Joachim Winckelmann (1717–1768) war ein Stendaler. Aus der Provinz schaffte er es bis ins päpstliche Rom. Fürst Franz von Anhalt-Dessau ließ sich für sein berühmtes Klassizismus-Schloss in Wörlitz von Winckelmann beraten. Auch Dichterfürst Goethe hielt große Stücke auf den Gelehrten. Kein Wunder, dass sich Stendal gern an diesen Sohn der Stadt erinnert. Es gibt eine Bronzeplastik in zentraler Lage, und natürlich ein Museum. Das hat im Jahr nach eigenen Angaben bis zu 13.000 Besucher, ist aber seit vielen Monaten dicht. Es ist Baustelle für einen Eingangsbereich, ein Familienmuseum, die Forschungsbibliothek, die neue Dauerausstellung.

Was nicht schlimm wäre, wenn es da nicht die mehrmaligen Verzögerungen mit der Eröffnung und den wohl noch größeren Ärger um die zusätzlichen Ausgaben geben würde. 2,3 Millionen Euro waren anfangs geplant. Jetzt kosten Neu- und Umbau eine satte Million mehr. 43 Prozent Preissteigerung.

Den ersten Nachtrag von fast einer halben Million Euro hatte der Stadtrat schon im vergangenen Herbst geschluckt. Nach vielen Diskussionen und jeder Menge Unmut. Damals schon. „Vom Architekten hieß es, es wird dabei bleiben“, erinnert sich Marcus Faber. Faber ist FDP-Bundestagsabgeordneter und Stadtrat und sollte wie seine Stendaler „Amtskollegen“ Mitte Oktober noch mal 495 .000 Euro zustimmen. Auf dieser Sitzung ging es hoch her. Es fielen Worte wie Nötigung und Irreführung der Abgeordneten. Mancher sagt, es war wie ein Pistole-auf-die-Brust-Setzen. Eine Entscheidung wurde verschoben.

Die soll nun am 3. Dezember fallen. Der Stadtrat tagt erneut. Auf der Tagesordnung: Winckelmann und die zweite Teuerungsrate. Beide Nachträge, so rechnet jetzt die Verwaltung, belaufen sich insgesamt auf rund 973.000 Euro.

Kaum zu überblicken sind die Schuldzuweisungen: Architekt, städtische Bauverwaltung, Oberbürgermeister, Stadtrat. Schludrige Planerei, zu wenig Kontrolle, ist immer wieder zu hören. Bei einer Pressekonferenz im März im Rathaus der Hansestadt hatte Professor Max Kunze, Präsident der Winckelmann-Gesellschaft, kritisiert: „Die vom Fach können nicht planen.“

Bauträger ist die Stadt, die Winckelmann-Gesellschaft ist Träger des Museums.

Wahrscheinlich werden die Abgeordneten zähneknirschend dem zweiten Nachtrag zustimmen. Denn: Wie sollte es sonst weitergehen? Eine Bauruine will nicht wirklich jemand. Weder in der Stadt noch beim Land, das immerhin die Masse der Investition übernehmen soll. Ausgehandelt war, dass Stendal von der ursprünglich veranschlagten Summe zehn Prozent der Kosten trägt, das Land den Rest übernimmt. Stendal wäre also nur mit 230.000 Euro dabei gewesen. Kritiker sprechen bei der Ursprungssumme längst von schöngerechneten Zahlen. Und beim Land verdreht so mancher die Augen, wenn er auf das Stendaler Bauprojekt angesprochen wird.

Aber was wird? Ein Antrag der Hansestadt bei der Investitionsbank Sachsen-Anhalt auf Erhöhung des Zuschusses um 430 .000 Euro wurde im Sommer 2017 gestellt. Angeführt sind darin unter anderem die erheblichen Preissteigerungen in der Bauwirtschaft. Unterlagen von der Stadt mussten nachgereicht werden, sie wurden erst im August 2018 komplettiert. Bis dahin also keine Bearbeitung. Und ohne zweiten Nachtrag, der noch gar nicht beschlossen ist, ist das alles auch schon wieder hinfällig.

Wie die Pressestelle des Wirtschaftsministeriums mitteilt, haben die zu prüfenden Stellen gegenwärtig keinen aktuellen Ausgaben- und Finanzierungsplan vorliegen. Das Ministerium sagt: „Es ist nicht absehbar, ob beziehungsweise wann der Antrag der Stadt beschieden wird.“ In welcher Höhe sich das Land an den Nachträgen beteiligt, ist bis dato also nicht geklärt. Aus zehn Prozent Stadtanteil, so schwant es schon Stadtrat Faber, könnten im schlimmsten Fall auch 100 Prozent werden. „Wir sind mit dem Thema längst nicht durch.“

Die Stadt strebe weiterhin eine Landesförderung bis zu 90 Prozent an, heißt es aus dem Rathaus. Ein neuer Antrag werde erarbeitet, der nach der Stadtratssitzung bei der Investitionsbank gestellt werden solle.

Vier Tage nach der Sitzung, am 7. Dezember, ist die Museumseröffnung mit geladenen Gästen geplant. Der Termin war lange offen. „Die Arbeiten laufen auf Hochtouren“, teilt die städtische Pressestelle mit. „Dann wird es auch möglich sein, die neue Dauerausstellung besuchen zu können“, heißt es weiter. Nicht alle Stadträte sehen die Fertigstellung des Hauses so optimistisch.

Winckelmann-Präsident Kunze gab sich am Mittwoch am Telefon dünnhäutig. Er verwies auf eine Pressekonferenz am 6. Dezember.

Eigentlich sollte das Haus am 26. Mai 2018 eröffnet werden – kurz vor dem 250. Todestag Winckelmanns am 8. Juni. Schon das Jahr zuvor war das Haus eine Baustelle, als der 300. Geburtstag des Altertumsforschers begangen wurde. Am 9. Dezember jährt sich der 301. Geburtstag. Meinung