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ESC Was Levina sich von Lena abguckt

Am Donnerstag startet der Eurovision Song Contest. Kandidatin Levina sprach am Rande eines Besuchs bei Radio SAW mit der Volksstimme.

Von Elisa Sowieja 09.05.2017, 01:01

Beim ESC setzen viele auf Goldregen und wehende Kleider. Hat das deutsche Team schon eine Windmaschine geordert?

Isabella Levina Lueen: Das weiß ich noch nicht zu 100 Prozent, der letzte Schliff wird in Kiew passieren. Aber ich kann schon sagen, dass es bei meiner Show um die Stimme gehen soll. Wir machen eine Mischung: Es wird schlicht und trotzdem auffällig. Wir wollen ja auch etwas bieten, das in den Köpfen bleibt.

Wie geht‘s Ihnen, wenn Sie daran denken, dass Ihnen bald 200 Millionen Menschen beim Singen zuschauen?

Sich das vorzustellen, ist verrückt, das kann man gar nicht realisieren. Ich freue mich unglaublich darauf. Kurz vorm Auftritt werde ich bestimmt so aufgeregt sein, aber das ist eine schöne Aufregung, weil es eine tolle Möglichkeit ist.

Und wie groß ist die Angst, dass Sie Deutschland zum dritten Mal in Folge den letzten Platz bescheren?

Die Angst ist nicht sehr stark. Natürlich finde ich es schade, dass es in den letzten zwei Jahren nicht gut gelaufen ist. Aber ich gehe trotzdem an alles sehr positiv und motiviert heran. Denn für mich ist es das erste Mal, es ist etwas ganz Besonderes. Da will ich mein Bestes geben und eine gute Platzierung erreichen.

Wie oft studieren Sie im Internet die Vorhersagen der Buchmacher zu Siegern und Verlierern?

Ich bin in den letzten Monaten so viel herumgereist. Wenn man dann abends ins Hotel kommt, will man einfach abschalten, da liest man nichts mehr über Wetten. Ich bekomme natürlich schon etwas mit, weil mich Leute darauf ansprechen. Aber ich mache mir darum keinen großen Kopf. Ich denke auch: Wenn Deutschland bei den Wetten weiter hinten liegt, können die Leute ein bisschen mehr gewinnen, wenn sie auf mich setzen. Das ist doch super.

Der Logik kann man nicht widersprechen. Nur woher nehmen Sie die Gelassenheit?

Ich bin jetzt in einer Situation, wo ich mich so wohlfühle und mich so freue, dass ich auf der ESC-Bühne stehen darf und ein Album veröffentlicht habe, dass ich diese Erfahrung genießen möchte. Deshalb will ich nicht verbissen sein.

Die Buchmacher sehen Italien, Bulgarien und Schweden vorn. Wem räumt Ihr Bauchgefühl Siegchancen ein?

Ich finde es schwer zu beurteilen, vor allem, wenn man Teil des Ganzen ist und alle kennengelernt hat. Persönlich gefällt mir die Belgierin Blanche gut. Ich finde aber auch, dass der Portugiese etwas Besonderes hat. Wie die Songs allerdings beim Publikum ankommen, kann man schlecht einschätzen.

Schätzen Sie bitte trotzdem mal, wo Sie landen werden.

Ich würde gern in die Top Ten kommen, und ich denke, das kann auch passieren. Wir haben mit „Perfect Life“ einen positiven Song, der die Leute zum Tanzen, Mitsingen und Klatschen anregt. Ich hoffe, dass ich die Menschen damit erreichen kann.

Ihre Vorgängerinnen Jamie-Lee und Ann Sophie haben das nicht geschafft. Was wollen Sie anders machen?

Ich mache nichts bewusst anders. Ich hätte den beiden auch keinen letzten Platz gegeben.

Gibt‘s umgekehrt etwas, das Sie sich von Lena, unserer Siegerin von 2010 abgucken?

Bei ihrem Auftritt kam sofort rüber, dass es ihr total Spaß gemacht hat. So etwas ist eine natürliche Reaktion, man steht auf der Bühne und denkt: „Wie toll!“ Ich hoffe, das passiert bei mir auch.

Lena war vor dem Finale in den anderen Teilnehmer-Ländern sehr präsent – genau wie Sie.

In den vergangenen Jahren sind die Kandidatinnen nicht auf viele Veranstaltungen mitgegangen. Mein Team und ich haben überlegt, es diesmal anders zu machen, auch weil ich das total mag. Ich lerne gerne neue Länder und Kulturen kennen. Bei Eurovision geht es ja darum, Europa zu verbinden. Also habe ich zum Beispiel Armenien, Georgien und Albanien besucht. Es war toll, gerade in Armenien: Die Stadt Jerewan ist voll von jungen Leuten und erinnert an Italien oder Spanien. Außerdem hat es Spaß gemacht, die anderen Kandidaten kennenzulernen. Denn es geht auch darum, zusammen Musik zu feiern.

Ein achtbares Ergebnis hatte Deutschland zuletzt mit einer Band, die zum Teil aus Sachsen-Anhalt stammt: Elaiza landeten 2014 im Mittelfeld. Erinnern Sie sich an sie?

Das waren doch die drei Mädels mit dem Folk-Song, oder? Die fand ich damals cool, der Song war auch gut!

Gehen wir mal noch weiter in der ESC-Geschichte zurück: Zehn Jahre ist es her, dass zuletzt auf Deutsch gesungen wurde. Wie hätten Sie es gefunden, hätte man Ihnen ein deutsches Lied geschrieben?

Das wäre auch total okay gewesen, ich finde deutsche Lieder schön. Für mich hätte es sich nur ungewohnt angefühlt, weil ich durch mein Studium diesen Bezug zu London habe. Ich würde die Leute gern international erreichen, und das ist mit einem deutschen Text schwieriger als mit einem englischen.

Wobei es Nicole damals auch mit „Ein bisschen Frieden“ auf Platz eins geschafft hat.

Das stimmt. Andere Länder sind ja immer noch mit Songs in ihrer Muttersprache erfolgreich. Vielleicht hätte ich auch eine Mischung cool gefunden, bei der die Strophe deutsch ist und der Refrain englisch.

Sie werden oft auf die Ähnlichkeit von „Perfect Life“ zu „Titanium“ von David Guetta angesprochen. Nervt Sie das?

Es ist okay, wenn die Leute Fragen stellen und eine Ähnlichkeit hören. Aber ich finde, „Perfect Life“ ist ein eigenständiger Song, da sind nur diese fünf Sekunden am Anfang, die ähnlich klingen.

Sie schreiben auch selbst Songs und haben an Texten für Ihr Album mitgewirkt. Aus welchen Erlebnissen machen Sie Lieder?

Meist sind es Dinge, die mich emotional beschäftigen. Das kann etwas sein, das gute Laune auslöst – vielleicht eine Geburtstagsfeier, bei der ich eine gute Zeit hatte. Ich habe aber auch schon über die Zeit geschrieben, als es mit der Musik nicht so gut lief.

Dinge, die Sie emotional beschäftigen – das schreit doch demnächst nach einem Song darüber, wie es ist, wenn man als Unbekannte zum Casting geht und ein paar Monate später vor halb Europa singt.

Klar, das ist eine riesige Inspiration. Auf meinem Album gibt es sogar schon einen Song, der in diese Richtung geht: Ich singe darüber, dass man sich manchmal einfach von der Situation mitreißen lassen sollte.

Vermutlich ohne über letzte Plätze nachzudenken.

Genau!