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Forschung Begehrte Muschelsammlung aus Halle gesucht

Wo ist die Muschelsammlung der Leopoldina aus Halle? Ein dreijähriges Forschungsprojekt soll Klarheit nach Sachsen-Anhalt bringen.

01.10.2018, 23:01

Halle (dpa/sa) l Im 18. Jahrhundert sammelten Seeleute und Forscher an den Stränden der Südsee und des Atlantiks Muscheln mit besonders farbigen und ungewöhnlich geformten Gehäusen: Bizarr und vielfältig wie die Natur. Daraus entstand, zumindest für die Seeleute, in der Heimat ein Nebengeschäft.

Sie verkauften die Exemplare an Interessierte und überall in Europa entstanden sogenannte Konchylien-Sammlungen. Dieser Begriff umfasste damals alle Schalentiere. Auch die Leopoldina in Halle hatte eine solche Sammlung - die ging aber verloren. Nun wird offiziell danach gesucht.

Die Konchylien-Sammlung kam 1750 durch die Schenkung des Naturforschers Johann Ambrosius Beurer (1716-1754) in den Bestand der „Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina“, die sich damals in Erfurt befand. Zwar sind Muscheln allein hübsch anzuschauen, aber einen wissenschaftlichen Wert bekommen sie erst durch Einteilung und Beschreibung.

Das gelang Johann Hieronymus Kniphof (1704-1763). Er verfasste in mühevoller Kleinarbeit drei Bände mit handgeschriebenen, genauen Beschreibungen von jedem einzelnen Exemplar, einschließlich der dazugehörigen originalgetreuen Zeichnung. Insgesamt entstanden rund 650 Abbildungen. 1822 wurden die Stücke der Leopoldina an das Naturkundemuseum in Bonn verkauft. Dann verliert sich ihre Spur. Jetzt sind die drei Bände von Kniphof wieder in der Leopoldina-Bibliothek aufgetaucht.

Mit einem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit insgesamt 745.000 Euro geförderten Projekt soll die Sammlung aufgespürt werden. „Wir haben vermutlich Teile der Leopoldina-Sammlung“, sagt Martin Sander von der Universität Bonn. Zugleich ist in das Projekt auch die Universität Halle eingebunden. Hier lagern rund 60.000 Muscheln. „Wir wissen nicht im Detail, ob diese Sammlung in Bonn liegt. In Bonn liegen nur Reste. Die Sammlung ist so, wie sie in den drei Bänden dargestellt wird, entweder verteilt oder verschollen“, sagt Muschelexperte Andreas Stark.

Starks Arbeit hat gerade erst begonnen. „Ich schaue im Magazin der hallischen Universität nach, welche Objekte aus dem Buch sich auch in der Hallenser Sammlung befinden“, sagt der Forscher. „Möglicherweise gibt es auch anhand von Originalzetteln an den Muscheln Hinweise, wer die jeweilige Muschel gesammelt hat.“ Ausgehend von den Beständen in Bonn und Halle wird die wechselvolle Geschichte von Konchylien als Sammlungs- und Forschungsobjekte untersucht.

Das Forschungsprojekt läuft bis 2021. Natürlich wollen die Forscher in dieser Zeit auch herausfinden, welche von den Muschelarten es noch heute gibt. Während im 18. Jahrhundert derartige Sammlungen begehrt waren, trat in späteren Jahren offenbar ein Sinneswandel ein, die Konchylien verloren an Bedeutung.

„Wir wollen wissen, warum?“, sagt der Leiter des Leopoldina-Studienzentrums, Rainer Godel. „Was wir dann von der einstigen Sammlung zusammengetragen haben, wird in einem digitalisierten Katalog der wissenschaftlichen Forschung zur Verfügung stehen.“ Ebenso wird es nach dem Abschluss des Projekts eine Ausstellung in Bonn und Halle geben.