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Geburtstag „König" Hilmar Thate wird 85

Mit Hilmar Thate feiert ein Urgestein der Film- und Theaterszene in der DDR seinen 85. Geburtstag.

16.04.2016, 23:01

Berlin (dpa) l Energisch, streitlustig und doch sehr feinfühlig – Hilmar Thate ist ein echter Vollblutschauspieler. Und das auf der Bühne verschiedener deutscher Theater genauso wie im Film und im Fernsehen. Jetzt feiert der Ehemann von „Paul und Paula“-Starschauspielerin Angelica Domröse seinen 85. Geburtstag.

Thate gilt als „Alleskönner“ unter den großen Charakterschauspielern. Er war der aufmüpfige Landwirt „Daniel Druskat“ mit Manfred Krug als Film-Gegenspieler. Er brillierte als „Mephisto“ und feierte als „Richard III.“ einen seiner größten Bühnentriumphe. Im wiedervereinigten Deutschland gewinnt Thate als „Der König von St. Pauli“ ein großes Fernsehpublikum. Das Angebot, „Tatort“-Kommissar im Fernsehen zu werden, lehnt er dagegen ab.

Am Sonntag feiert Thate seinen 85. Geburtstag. Knapp zwei Wochen vorher wurde Thates Frau, „Paul und Paula“-Star Angelica Domröse, 75 Jahre alt. Seit 40 Jahren sind die Eheleute verheiratet, die als glamourösestes „DDR-Film-Traumpaar“ verehrt werden. In den vergangenen Jahren ist es allerdings still um die zurückgezogen in Berlin lebenden Schauspieler geworden.

Ob Shakespeare‘scher König, halbseidene Rotlicht-Größe oder Vorsitzender einer Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft in der DDR – Thates Bandbreite als Schauspieler ist legendär. Nach außen eher ruppige Charaktere mit großer emotionaler Tiefe sind die Spezialität des Darstellers, der immer wieder auch „der Widerborstige“ genannt wird.

Für Rainer Werner Fassbinder stand er für das Drama „Die Sehnsucht der Veronika Voss“ vor der Kamera, das 1982 den Goldenen Bären der Berlinale gewann. In Volker Schlöndorffs „Der neunte Tag“ (2004) spielte Thate den Bischof Philippe. In nur wenigen, zurückgenommenen Auftritten gelingt es dem Schauspieler mit seinem feinen Spiel, die Not eines Gottesmanns im Banne des deutschen Faschismus zu reflektieren. Sein Debüt gab der 1931 in Dölau geborene und in Halle an der Saale ausgebildete Schauspieler bereits 1949 am Theater in Cottbus. Schon drei Jahre später spielte er erstmals in Ost-Berlin – rasch wurde er einer der gefeiertsten Bühnenstars der DDR. „Ich bin ein Kriegskind, nicht verwöhnt und hatte Glück“, meinte der Schauspieler einmal.

Von 1959 bis 1970 war Thate am Berliner Ensemble, danach bis 1980 am Deutschen Theater Berlin. Parallel zu seiner Theaterarbeit stand der charismatische Künstler regelmäßig vor der Kamera. Es entstanden Kinofilme wie „Das Lied der Matrosen“ (1959), „Der geteilte Himmel“ (1964) und „Wahlverwandtschaften“ (1974). Mit Fernseh-Filmen wie dem Mehrteiler „Daniel Druskat“ (1976) wird Thate zum Publikumsliebling.

Dann schob das DDR-Regime das Paar Thate/Domröse aufs künstlerische Abstellgleis. Grund war die spektakuläre Protesterklärung von zahlreichen DDR-Künstlern gegen die Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann 1976, die auch die beiden unterzeichnet hatten.

„Ich bereue im Nachhinein nicht eine Sekunde, diese Unterschrift geleistet und nicht zurückgenommen zu haben“, sagte Thate einmal. Doch der Druck wird zu groß. Das Ehepaar stellte einen Ausreiseantrag und siedelte 1980 in den Westen über.

Dort finden Thate und Domröse eine neue Heimat am West-Berliner Schillertheater und am Schlossparktheater, wo sie in „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“ auf der Bühne stehen.

Beiden gelingt es, in der Bundesrepublik beruflich schnell Fuß zu fassen. Die Hauptrolle in Peter Zadeks Sensationserfolg „Jeder stirbt für sich allein“ (1980) und sein packender Auftritt in Fassbinders „Die Sehnsucht der Veronika Voss“ sichern Thate erneut einen unangefochtenen Star-Status.

Thate arbeitete mit Regie-Größen wie George Tabori und Ingmar Bergman zusammen. Zuletzt war Thate in dem Kinofilm „Hitlerkante“ (2005) zu sehen. Darin spielt er einen regimekritischen Komponisten, der sich ausgerechnet in eine glühende Hitler-Verehrerin verliebt.