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Indie-Rock-Band Wie die Sportis Udo Jürgens trafen

Die Sportfreunde Stiller spielen im Sommer bei einem Festival in Halle. Vorab sprach Frontmann Peter Brugger mit der Volksstimme.

Von Elisa Sowieja 18.05.2017, 01:01

Sie haben im Sommer einige Festivals auf dem Plan. Wenn viele bekannte Musiker auf einem Haufen sind, was passiert da eigentlich hinter der Bühne?

Peter Brugger: Man läuft mit seiner Sonnenbrille cool herum, tut so, als wäre man wahnsinnig lässig und total unberührt von Aufregung. Hier und da fällt die Maske und man unterhält sich nett. Aber in erster Linie ist man cool.

Nutzt man denn auch mal die Gelegenheit, um spontan zusammen Musik zu machen?

Meistens ist jeder mit seinem Programm beschäftigt. Es gibt ja auch viel zu tun: Interviews, Soundcheck, Setliste schreiben. Aber es kommt schon vor, dass man spontan einen Gastauftritt klarmacht. Ich kann mich noch daran erinnern, dass beim Hurricane mal Jan Delay bei einem unserer Lieder getrommelt hat.

Es geht aber schon eher gesittet zu. Keine wilden Partys.

Wenn‘s später wird und es ein laues Sommernächtchen ist, sitzt man auch mal zusammen, trinkt und hört Musik. Dann wird es mehr oder weniger wild. Wir haben schonmal ’nen Wasserhahn laufen lassen.

Sie Rebell. Aber nochmal zurück zur coolen Fassade: Sie sind nach rund 20 Jahren tatsächlich vor Festival-Auftritten noch aufgeregt?

Na klar. Es kommt immer noch ein Kribbeln auf. Auch, wenn wir schon viele Konzerte gespielt haben – es müssten jetzt um die 1000 sein –, ist es nichts Alltägliches, vor viele Menschen zu treten. Meist entscheidet die Tagesform darüber, wie aufgeregt ich wirklich bin. Aber wenn es mal so weit kommt, dass es nur ein Job ist, dann muss ich dringend einen Schlussstrich ziehen.

Machen Sie bei Konzerten heute etwas anders als früher? Weil zum Beispiel beim Sprung in die Menge der Rücken knackt?

Ich schone meinen Körper beim Sprung in die Menge nicht. Ich hab auch großes Vertrauen, dass das Publikum mich immer fängt. Außerdem bin ich so leicht, mich kann auch eine Frau allein mit einem Arm stemmen. Aber natürlich kommt uns die Erfahrung zugute. Wir wissen mittlerweile, was wir können und was eher nicht. Wir sind zum Beispiel keine Band, die in einem Lied in eine Improvisation abdriftet.

Einen Auftritt kann sicher nichts mehr toppen: den vor elf Jahren auf der Berliner Fanmeile, als Deutschland frisch gebackener Fußball-Vize-Weltmeister war und Sie Ihr „‘54, ‘74, ‘90, 2010“ sangen.

Das war unglaublich aufregend, aber kein richtiger musikalischer Auftritt. Unsere Instrumente wurden auf die Bühne geschoben, wir dazu, und dann haben wir im Halbplayback mit der Nationalmannschaft dieses Lied gesungen. Das war toll, aber ich zähle es nicht zu richtigen Konzerten. Da hatten wir andere beeindruckende Erlebnisse.

So wie Ihr „MTV Unplugged“. Da haben Sie auch ein Lied mit Udo Jürgens gespielt. Wie war die Begegnung?

Als wir das Konzert aufgezeichnet haben, hatte er keine Zeit. Deswegen mussten wir ihn vorab filmen und aufnehmen. Wir haben ihn also davor getroffen, in einem Hotel in München. Die Begegnung war einfach schön. Klar, ich war auch aufgeregt. Die Aufregung war aber ziemlich schnell weg, weil er so am Boden war und freundlich mit uns umgegangen ist. Es ist ein schönes Erlebnis, wenn man so jemanden kennenlernt und nicht enttäuscht ist. Ich bin sehr dankbar für diese Begegnung.

Hatten Sie danach bis zu seinem Tod noch Kontakt?

Wir hatten ein paar Treffen. Das schönste war das, als wir ihn in Zürich in seiner Wohnung besucht haben, wir um seinen weißen Flügel herumstanden und er Geschichten erzählt hat.

Der Song, mit dem Ihre Band bekannt wurde, heißt „Ein Kompliment“. Welches ist das größte Kompliment, das Sie Udo Jürgens heute machen würden?

Mich hat begeistert, dass er bis ins hohe Alter seinen Traum gelebt hat, Musik zu machen. Und obwohl er in die Schlagerschublade gesteckt wurde, hat er immer sozialkritische und tiefgehende Lieder geschrieben.

Die Sportfreunde Stiller sind überhaupt als sehr höfliche Band bekannt. Was bringt Sie denn aus der Ruhe?

Ungerechtigkeit finde ich zum Kotzen – soziale Ungerechtigkeit zum Beispiel. Aber auch, wenn sich jemand mir gegenüber ungerecht verhält und zum Beispiel seine Machtposition ausnutzt, macht mich das rasend.

Wie ist es mit Journalisten? Einige haben Ihr aktuelles Album „Sturm & Stille“ derb verrissen: Die Scheibe wurde als „unfassbar langweilig“ bezeichnet, die Band als „Heimatfilmmusikanten“.

In den meisten Fällen kann ich darüber schmunzeln. Wenn die Kritik kreativ ist, find ich‘s sogar super, denn es ist kein einfacher Job, sich Sachen anhören zu müssen, die man scheiße findet. Aber es gibt auch einen Kandidaten, bei dem ich das Gefühl habe, ihm geht‘s weniger um unsere Musik, sondern darum, dass er sich mit seiner Meinung gegen uns in seinem Beruf positionieren will.

Wenn Sie mal wütend sind, mit welchem Kompliment kann man sie wieder wohlgesonnen stimmen?

An dem Punkt hilft kein Kompliment. Aber Wut hat ja auch etwas Befreiendes, danach kann man sich dann wieder zusammensetzen.

Was ist das Netteste, das Ihnen mal jemand gesagt hat?

Es steht ja immer und überall zu lesen, dass ich nicht singen kann. Schön finde ich, wenn mir jemand sagt, dass ihn berührt, was ich singe, und dass es nicht so sehr darauf ankommt, jeden Ton sauber zu treffen, sondern darauf, ein Gefühl zu transportieren. Das möchte ich ja auch. Ich hab Freude am Singen, auch wenn’s manchmal schief ist.

Die Sportfreunde Stiller spielen am 24. Juni beim Festival „Picknick Open“ auf der Peißnitz­insel Halle. Auch mit dabei: Cro und Teesy.