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MTV unplugged Peter Maffay mit neuem Akustikalbum

Der Sänger spricht über coole Väter, alte Rocker und sein Album "MTV unplugged", das er in Halle aufgenommen hat.

01.11.2017, 23:01

Köln (dpa) l Peter Maffay hat für „MTV unplugged“ als einer der letzten großen deutschen Musiker den Stecker gezogen und mit Gastmusikern ein Akustik-Konzert in Halle aufgenommen. Ob das auch seinem Sohn gefällt? Im Interview der Deutschen Presse-Agentur erklärt der 68-jährige Maffay, warum „cool“ nicht alles ist – und warum Geld und Ruhm nicht der alleinige Antrieb hinter der Musik sein dürfen. Am Freitag erscheint die Platte.

Was hat Sie an „MTV unplugged“ gereizt?
Peter Maffay:
Es ist die reduzierteste Form, zu musizieren. Es gibt keine Effekte, man hat nur Stimme und Hände. Es kann nichts wiederholt werden. Man liefert etwas ab, und das ist es – mehr nicht. Auch im Studio wird nicht nachbearbeitet. Das ist die wirkliche Herausforderung.

Haben Sie einen Favoriten unter den Gastmusikern?
Das kann ich so nicht sagen. Ich habe das Album erst vor kurzem zum ersten Mal in der Hand gehabt. Es ist immer wie eine kleine Geburt. Jedes Mal sitzt man da wie ein Pennäler, der sein Schulbuch in der Hand hält. Jeder dieser Künstler ist so eigenständig und einzigartig, hat ein so klares musikalisches und künstlerisches Profil, dass man da keinem den Vorzug gibt.

Als Sie mit Katie Melua singen, sieht das anders aus als mit den übrigen Gästen. So, als würden Sie sie sehr bewundern.
Als Katie sagte, sie wolle auf Deutsch singen, wusste ich, das wird das Publikum wahrscheinlich begeistern. Ich bin jetzt lange genug dabei, ich muss über vieles nicht mehr wirklich nachdenken, um zu wissen, ob es funktioniert oder nicht. „Ich wollte nie erwachsen sein“ ist das wichtigste Lied aus der Tabaluga-Welt. Die Philosophie dabei ist, sich seine Kindlichkeit bis ins hohe Alter zu bewahren, ein Leben lang, wenn es geht. Diese Aussage von einer so außergewöhnlichen Künstlerin, die noch nie deutsch gesungen hat – das würde jeder als enorme Geste empfinden. Es zeigt auch ihre Souveränität: Ich hatte ihr die englische Version angeboten, aber sie sagte: „Auf gar keinen Fall!“ Mich hat es umgehauen, und das sieht man. Katie ist eine zauberhafte Kollegin und eine tolle Musikerin. Sie versteht von Musik richtig viel.

MTV galt früher als Inbegriff von cool. Findet Ihr 14-jähriger Sohn cool, was sein Vater da macht?
Er ist zumindest nicht rausgelaufen, als wir gespielt haben. Das kann ein Hinweis darauf sein, dass es ihm gefallen hat. Wie cool er das findet oder nicht? Vielleicht umgehe ich diese Frage aus guten Gründen. Um ihn nicht in Verlegenheit zu bringen.

Wollen Sie gerne ein cooler Vater sein?
Was ist ein cooler Vater? Viel wichtiger als alles andere ist es für ein Kind, zu empfinden, ob es gemocht und geliebt wird oder nicht. Wenn dabei derjenige, der liebt, nicht ganz so cool ist – aus welchen Gründen auch immer –, ist das sekundär. Was nützt ein cool aussehender Papa, wenn er nur das ist und nichts anderes? Die Schuhe und die Hosen, die er trägt, die Art, wie er ist, wie er redet – das ist nichts gegen das, was er empfindet. Das hat Priorität.

Sie haben mal gesagt, es gehe bei Ihrem neuen Album darum, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Was ist denn das?
Für meinen Beruf empfinde ich es als wesentlich, sich eine spielerische, eine kindliche Komponente zu behalten. Musik zu machen, sollte nicht zu einer Pflichtübung oder zur Routine und nicht zum Geldverdienen degradiert werden. Es spricht überhaupt nichts dagegen, von Musik zu leben. Aber das darf nicht dominieren. Bei diesem „MTV unplugged“-Konzert sind wir alle in einen Sandkasten gestiegen und haben mit Kuchenformen gespielt: Wie entsteht zum Beispiel aus „Eiszeit“, das wir zuvor schon tausendmal gespielt haben, mit Johannes Oerding ein neues Lied? Das ist Spielen.

Geht es in der Musikbranche heute zu wenig ums Spielen, und zu sehr ums Geldverdienen?
Es gibt Naturen, die sagen, ich mache Musik, ich will boxen, ich will Fußball spielen, weil ich reich werden will. Aber eine wirkliche Überlebenschance hat nur derjenige, der das als Nebenaspekt sieht und es als Priorität empfindet, sich über seine Arbeit artikulieren zu können. Über die Musik, über die Leidenschaft, die dann eigentlich keine Arbeit mehr ist. Derjenige, der sein Talent auslotet. Derjenige, der spielt. Der Rest kommt dann vielleicht ganz von selbst.

Ist das Ihr Antrieb?
Ja. Ich war bodenlos in der Schule, ich habe keine Ahnung gehabt, wo es für mich langgeht – bis ich mit ein paar Jungs zusammen Musik gemacht habe. Da war ich 14 Jahre alt. Ab da wusste ich, dass ich nichts anderes machen will. Ich bin kein großer Musiker. Es gibt so viele andere, die alles zehnmal besser können. Aber ich habe darin mein Ziel gesehen und auch eine Nische gefunden, in der ich mich entfalten konnte. Das ist es, was jeder für sich herausfinden muss. Es gibt unglaublich viele talentierte junge Leute. Nicht jeder erkennt das eigentliche Ziel. Das ist nicht unbedingt, berühmt zu werden und Geld zu verdienen, sondern Spaß zu haben mit den Dingen, die man macht. Und zwar so viel Spaß, dass man ihn auch weitergeben kann. Wenn ich auf der Bühne stehe, will ich meinem Publikum einen Teil der Kraft und des Spaßes, den wir empfinden, weitergeben können.

Hat die Musik Ihnen also den Weg durchs Leben gewiesen?
Das klingt kitschig, aber ja.

Ist ein Ende in Sicht – oder wollen Sie etwa so lange auf der Bühne stehen wie die Rolling Stones?
Wenn man sieht, wie Mick Jagger sich noch bewegt, fragt man sich doch auch: Welche Beseeltheit hat jemand, der das in dem Alter trotz aller Umstände noch macht? Der müsste das ja nicht mehr tun! Zum Geldverdienen und zum Berühmtwerden braucht er es nicht. Also tut er das, weil es ihm Spaß macht. Und wenn Keith Richards falsche Töne auf seiner verstimmten Gitarre spielen will, dann scheint auch ihm das Spaß zu machen – und vielen anderen Menschen auch. Für mich gibt es keinen Grund, aufzuhören. Und ich habe ja auch nichts anderes gelernt.