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Kabarett Zwickmühle Neues Programm in Reimen

Hans-Günther Pölitz und Lothar Bölck von der Zwickmühle liefern einen zweistündigen satirischen Rundumschlag in Versen.

Von Claudia Klupsch 02.11.2017, 23:01

Magdeburg l Der deutschen Leitkultur habe sich unterzuordnen das Gelache, stimmt Pölitz das Publikum auf den Abend ein. Wer Reime doof finde, solle den Saal verlassen. Tatsächlich ist der gesamte Text des Programms gereimt, ein einziges langes Gedicht mit wechselnden Einsätzen haben beide Kabarettisten einstudiert. Mit Bravour meistern sie die Herausforderung, sprachlich wie schauspielerisch. Unter der Regie von Rainer Otto harmoniert das Duo auf der Bühne, die Pointen sitzen, der „Spaß in Reimen“ funktioniert.

Selbstverständlich hauen die Kabarettisten bissig drauf. Ihre Verse entspringen einer kreativen Schreibe und merklichem Vergnügen an Sprache. Der Themenkomplex, der die Welt im Innersten zusammenhält – Sex, Drugs, Rock ‘n’ Roll, ergänzend „Klangtherapie, Viagra und Laktose-Intoleranz“. Weiter geht´s mit der zwickmühlschen Dichtung und Wahrheit. In den Schulen bröckelt der Putz. Es werde mit Geo-Karten gearbeitet, auf der sei Deutschland noch geteilt – in Fürstentümer. Der Kapitalismus braucht geistvolle Menschen – nein, dumme Konsumenten.

Das lange Gedicht hat seine Schwächen. Kostprobe: „Politiker lassen vermissen das Gewissen“. Immer schon gewusst: Politiker sind Lumpen und auf Merkel reimt sich Ferkel. Leicht erzielte Zustimmungslacher, angedient dem vermeintlichen Zeitgeist. Haben Pölitz und Bölck doch gar nicht nötig. Sie können es doch sehr viel feinsinniger, intelligent und amüsant subtil. Versöhnlich stimmt die Nummer mit dem angesäuselten Gott, der für die sich gegenseitig ermordenden Menschen Hirn vom Himmel werfen soll, fliegt ihm sonst doch seine Schöpfung um die Ohren. Das Gefäß mit dem hochprozentigen Birnen-„Geist“ kippt um.

Ihr Fett weg kriegen die Banker, deren Geld die Welt regiert. Aus Banker und Gangster kreieren die Kabarettisten das neue Wort „Bangster“. Pölitz am Klavier, Bölck mit Stimme bringen sogleich den Song „Geld“ zu Gehör. Wie etwa auch das Lied vom Hinterbänkler im Bundestag, der in den „Anal Grande“ des Lobbyisten kriecht, erfreuen die musikalischen Beiträge das Publikum.

Stark ist die Szene, in der sich Waffen-Industrieller und Prothesenhersteller begegnen. „An deutschen Qualitätsprothesen wird die ganze Welt genesen.“ Gute deutsche Minen sichern die Nachfrage. Bölck und Pölitz mimen gekonnt die am Buffet spachtelnden Kriegsprofiteure, liefern bitterböse Satire in Reinkultur. Ihr gemeinsam gesungenes Lied „Ein Krieg geht um die Welt … Der Krieg ist bares Geld“ stimmt nachdenklich.

Komödiantischer Höhepunkt des Programms ist das Fußball-Fan-Duell. EU-Not-Elf gegen Russland. Es entzündet sich ein Schlagabtausch zwischen Kolja (Pölitz) und Heinz (Bölck) mit ordentlich Hiebe auf den Zustand der EU, auf das Verhältnis zu Russland, auf Erdogan und das schwächelnde Griechenland.

Fazit: Gereimte abendfüllende Satire sorgte für reichlich Amüsement und Denkanstöße. Das Publikum quittierte die Leistung des Duos mit herzlichem Applaus.