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Fernseh-Doku Kampf gegen das Dorfsterben

Vom Leben abseits der Metropolen: Dienstag (7. August) um 22.30 Uhr läuft die sehenswerte ZDF-Doku „Hier ist noch lange nicht Schluss“ .

06.08.2018, 23:01

Berlin (dpa) l Die deutschen Großstädte boomen. Der Zuzug steigt, wobei es vor allem junge Leute sind, die sich in den Ballungszentren ein besseres Leben versprechen. Abseits der Metropolen haben die Dörfer Probleme. Ein Beispiel dafür: Postlow, eine kleine Gemeinde in Mecklenburg-Vorpommern. Der Ort steht im Mittelpunkt der Dokumentation „Hier ist noch lange nicht Schluss“, die heute Abend um 22.30 Uhr im ZDF läuft.

Der Untertitel „Kampf gegen das Dorfsterben“ ist dabei wörtlich zu verstehen. Vor zehn Jahren zählte Postlow knapp 400 Einwohner. Heute: 287 Menschen. Die müssen in die nächstgelegene Stadt fahren, um am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. In der Gemeinde gibt es weder Kneipen noch Geschäfte, weder eine Schule noch einen Arzt. Dafür fehlt es nicht an verlassenen Gutshöfen, alten DDR-Bauten und weiten Feldern.

Sie zeigt Daniela Agostini gleich zu Beginn ihres Films. Marode Häuser verstecken sich zwischen Bäumen und Wildwuchs. So trist wie es hier draußen aussieht, fühlt es sich auch für viele innerlich an, die dem Dorf den Rücken kehren. Gleichwohl haben sich einige dazu entschieden, Postlow die Treue zu halten. Vier von ihnen hat Agostini ein Jahr mit der Kamera begleitet und Momente eingefangen, in denen sich Frust mit Optimismus mischt.

Zum Beispiel Ursula B. (74), die mit zwei Jahren als Flüchtlingskind aus Ostpreußen nach Postlow kam. Sie hat keine Familie mehr, keine Kontakte aus früheren Zeiten. Nichts ist mehr, wie es war. Was der Rentnerin fehlt, bringt sie schnell auf den Punkt: „Früher gab es noch eine Dorfgemeinschaft, doch nach der Wende hat sich jeder mehr zurückgezogen“, sagt Ursula wehmütig. Doch sie lässt sich nicht unterkriegen. Um den widrigen Umständen zu trotzen, pflegt die 74-Jährige eine enge Beziehung zu ihren Nachbarinnen.

Marlis K. (53) hat mit ihrem Mann Hartmut eine Obst-Mosterei gegründet. Im Hofladen verkauft das Paar ihre Erzeugnisse wie Marmelade und Säfte oder Honig aus dem Nachbardorf. Regionale Produkte – das kommt nicht nur gut an, sondern fördert auch die lokale Wirtschaft.

Zu den Tatkräftigen im Dorf gehört auch Oliver H. (28), der die DDR-Zeit und die Umbrüche gar nicht mitbekommen hat. „Hier gibt es nichts, deshalb wollen wir etwas tun“, sagt der 28-Jährige. Anders als viele junge Postlower ist er in seiner Heimat geblieben. Er engagiert sich in der Freiwilligen Feuerwehr, unterstützt Kinder und Jugendliche, organisiert kleine Events und verfolgt das Ziel, mit Gleichgesinnten mehr Schwung in die Gemeinde zu bringen. Sie soll für junge Leute attraktiver werden.

Agostini redet nichts schön, zeigt aber immer wieder auf, dass sich in dem 300-Seelen-Dorf Widerstandskräfte regen. Die Gemeinde ist noch lange davon entfernt aufzugeben. Marlis und Oliver sind der beste Beweis dafür, weshalb Agostini die Hoffnungsträger in den Vordergrund rückt.

Widersprüche ziehen sich durch den Film. So ist die Verwunderung groß, als Marlis erzählt, wie schwer es ihr fällt, im Herbst Helfer für die Mosterei zu finden, obwohl Arbeitslosigkeit zu den größten Problemen in Postlow gehört. Solche Gegensätze machen die Dokumentation sehr sehenswert.