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Filmfestival Cannes Stars und eine Evakuierung

Beim Filmfestival in Cannes gab es eine brenzlige Situation. Am Ende standen die Stars dann glücklicherweise doch im Vordergrund.

Von Aliki Nassoufis 21.05.2017, 23:01

Cannes (dpa) l Beim Filmfestival in Cannes ist die Situation wegen der Sicherheitslage angespannt. Die Securitymitarbeiter sind angesichts der Terrorgefahr in Frankreich besonders nervös – und ließen am Sonnabend vorsichtshalber einen Teil des Festivalpalastes evakuieren.

Der Zeitpunkt war heikel: Im benachbarten Premierensaal saßen gerade Tausende Gäste, auf der Croisette drängten sich unzählige Schaulustige. 20 Minuten später gab es dann aber schon Entwarnung. Man hatte einen „verdächtigen Gegenstand“ gefunden, wie das Festival später mitteilte.

Die Aufregung brachte am Abend zwar den engen Zeitplan des betroffenen Kinos aus dem Takt, dauerte im Endeffekt aber nur kurz. Schließlich waren bemerkenswert viele Stars nach Cannes gekommen, die für Zerstreuung sorgten: Clint Eastwood (86) präsentierte eine Wiederaufführung seines Westerns „Erbarmungslos“, kurz bevor „Twilight“-Heldin Kristen Stewart mit raspelkurzen Haaren ihr Debüt als Regisseurin eines experimentellen Kurzfilms gab. Und in einer Nebenreihe waren noch Jeremy Renner, Nicole Kidman und Elle Fanning zu sehen.

Besonders bemerkenswert aber war die Besetzung des Beitrags "The Meyerowitz Stories", der zweiten Netflix-Produktion im diesjährigen Wettbewerb. Dustin Hoffman, Adam Sandler, Emma Thompson und Ben Stiller spielen in dem Werk von Noah Baumbach die Mitglieder einer ziemlich kaputten Künstlerfamilie, die sich streiten und verletzen, dann aber teilweise langsam wieder zueinanderfinden.

Eigentlich habe er die Rolle des Vaters nicht annehmen wollen, scherzte der 79-jährige Hoffman am Sonntag in Cannes. „Ich wollte nicht den alten Mann spielen.“ Das tat der zweifache Oscarpreisträger dann aber doch und verkörperte dieses Familienoberhaupt kraftvoll als eine Art verletzlichen Patriarchen, der sich und seine Kinder vor allem über ihre Erfolge definiert. Zwei weitere Beiträge fokussierten sich dagegen mehr auf gesellschaftliche Missstände: Der schwedische Regisseur Ruben Östlund stellte in der Satire „The Square“ einen bigotten Museumskurator in den Mittelpunkt und entlarvte damit auch gleich Abgründe in der saturierten, bürgerlichen Schicht insgesamt.

Politischer wurde der Franzose Robin Campillo, der in „120 battements par minute“ vom Kampf von Aids-Aktivisten Anfang der 90er Jahre erzählt. Naturalistisch, fast dokumentarisch fängt er die verschiedenen Interessensgruppen ein, die sich aber gemeinsam für Akzeptanz in der Gesellschaft und Unterstützung durch die Regierung von Präsident François Mitterand einsetzen. Und zurück zur Evakuierung: Die hatte die erste Vorführung des Films „Le Redoutable“ von Oscarpreisträger Michel Hazanavicius („The Artist“) getroffen. Mit viel Liebe zum Ausstattungsdetail, insgesamt aber etwas zu brav inzeniert er damit eine Hommage an die Regielegende Jean-Luc Godard. Verkörpert wird der von Louis Garrel – eine starke Performance als talentierter Künstler auf der Suche nach dem eigenen Weg.