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Kommentar Ist das Wein oder kann das weg?

Viele Z-Promis, noch mehr Alkohol und die pure Eskalation: Das "Sommerhaus der Stars" 2020 kann einfach nur weg.

Von Melanie Dahrendorf 10.09.2020, 11:01

Magdeburg l Ein Ex-Bachelor in Tränen aufgelöst, ein Bodybuilder, der "Halt die Fresse" zu seiner Frau sagt und ein vollkommen unbekannter (angeblich) reicher Mann, der sich in fünf Minuten mehr Feinde macht als Darth Vader in Star Wars: So könnte das "Sommerhaus der Stars" 2020 beschrieben werden. Oder anders gesagt: Zu schlimm, um es im deutschen Fernsehen auszustrahlen. Aber fangen wir von vorne an. Wer ist überhaupt dabei?

• Reality-Sternchen Georgina Fleur (30) und Unternehmer Kubi Özdemir (41)

• "Bachelor"-Paar Andrej Mangold (33) und Jennifer Lange (26)

• "Goodbye Deutschland"-Kultauswanderer Andreas (54) und Caroline Robens (41)

• Sängerin, Sachsen-Anhalterin und DSDS-Teilnehmerin 2009 Annemarie Eilfeld (30) und Marketingexperte Tim Sandt (29)

• Influencer-Paar Lisha (34) und Lou (31)

• "Bullyparade"-Schauspielerin Diana Herold (46) und der Betriebswirt Michael Tomaschautzki (48)

• Reality-TV-Star Denise Kappés (30) und Sänger Henning Merten (32)

• Hypnotiseur Martin Bolze (63) und Designerin Michaela Scherer (53)

Fassen wir zusammen: Georgina Fleur und ihr Kubi bringen ihre Mitbewohner schon wenige Minuten nach dem Einzug ans Limit: Sie haben Hunger, wollen aber nicht kochen. Sie provozieren andere permanent, wollen aber ihre Ruhe beim Essen. Es wird laut und unangenehm, nicht zuletzt, weil Georgina ihrer vermeintlich großen Liebe permanent nachläuft und "Kuss! Kuss! Kuss!" ruft. Doch Kubi will nicht küssen, er will lieber trinken ("Das ist wie mein Kaffee am Morgen! Das ist ja auch eine Sucht!").

Was problematisch ist, denn Kubi macht von Anfang an keinen Hehl aus seiner Alkoholabhängigkeit. RTL hält die Kamera munter drauf. Natürlich: Es ist nichts Neues, dass Kandidaten zum Trinken animiert werden. Soll ja die Stimmung heben. Dass sich die Aggressionen aber so schnell entladen, damit dürfte wohl selbst der Sender nicht gerechnet haben. Die Produzenten dürften freudig in die Hände geklatscht haben.

Abends geht es nach ein paar Spielen weiter: Nicht nur Kubi trinkt weiter, sondern auch Kultauswanderer Andreas Roben. Wein soll es sein, und davon viel. Das geht so weit, dass man Untertitel einblenden muss, damit man ihn überhaupt versteht. Er geht zwischendurch ins Bett, steht wieder auf. Er will Kubi "wegmachen", stürmt auf ihn zu. Seine Frau kann ihn nur schwer zurückhalten und muss sich dabei übel beschimpfen lassen.

Als sich dann noch Ex-Bachelor Andrej Mangold und Kubi in die Haare kriegen, kommt es zum traurigen Tiefpunkt der Reality-Sendung: Kubi spuckt dem 33-Jährigem ins Gesicht. Mangold flüchtet, weint, hat rote Augen. Nach drei (!!!) Stunden Eskalation werden wohl nicht wenige Zuschauer einen Therapeuten brauchen. Das hat mit spaßigem Trash-TV nichts mehr zu tun, sondern war ein blankes Vorführen von möglicherweise psychisch kranken und abhängigen Menschen. Nicht mehr und nicht weniger. Spaß macht das selbstredend nicht - also umso besser, dass man mit einer Fernbedingung schnell umschalten kann.

2020 ist nicht nur das Coronajahr. Es ist auch das Jahr, in dem wir schmerzlich lernen müssen, dass auch Trash-TV Grenzen hat.