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Satire Doppelter Erfolg für Böhmermann

Bei Jan Böhmermanns Version von „Wetten, dass..?“ stimmte die Einschaltquote. Auch juristisch konnte der Moderator einen Erfolg verbuchen.

14.10.2016, 23:01

Mainz (dpa) l Der hibbelige Satiriker Jan Böhmermann hat seine Version des ZDF-Schlachtschiffs „Wetten, dass..?“ moderiert – und dabei passte so wenig zusammen wie die Töne am Anfang der Show. Zur Eurovisionshymne flogen die Sterne ins Bild, es quietschte, dann sprang der Ton. Vollmundig kündigte die Stimme aus dem Off an: „Europas größte Unterhaltungsshow für die ganze Familie ist wieder da: ‚Wetten, dass..?‘.“

Dabei hatte das ZDF in den Tagen vor der Ausstrahlung auf dem Spartensender ZDFneo betont: Es handele sich um eine Folge von Böhmermanns „Neo Magazin Royale“, nicht um eine Wiederbelebung der Samstagabend-Show, die vor zwei Jahren eingestellt worden war. Böhmermann machte sich am Donnerstag trotzdem an seine Adaption des Formats: mit vielen Gästen, mit der Couch, mit Wetten – die aber allesamt nicht echt waren.

Unter dem Strich können der Spaßvogel und sein Auftraggeber, das ZDF, zufrieden sein mit ihrem Experiment. Die Quote stimmte: 490 000 Zuschauer schalteten am Fernseher ein, der Marktanteil betrug 2,3 Prozent. Diejenigen, die die Show bereits ab etwa 20.15 Uhr oder auch später in der Mediathek verfolgten – in der Regel Hunderttausende – sind noch nicht einbezogen. Besser war die Quote nur bei Böhmermanns Bildschirm-Rückkehr im Mai nach seiner „Schmähkritik“ über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan mit etwa 600 000.

Erdogan ist unterdessen mit seiner Beschwerde wegen der Einstellung der Mainzer Ermittlungen gegen den ZDF-Moderator gescheitert. Die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz wies sie nach Mitteilung vom Freitag als unbegründet zurück. Der Grimme-Preisträger Böhmermann hatte sein Gedicht „Schmähkritik“ Ende März im „Neo Magazin Royale“ vorgetragen.

Darin hatte er Erdogan mit Kinderpornografie und Sex mit Tieren in Verbindung gebracht, aber darauf hingewiesen, dass dieses auch in Deutschland nicht erlaubt sei. Die Staatsanwaltschaft Mainz stellte die Ermittlungen wegen Beleidigung nach Paragraf 185 und 103 ein. Erdogan stehe jetzt noch ein Klageerzwingungsverfahren offen.

Zahlreich waren in Böhmermanns Show die Anspielungen an die „Wetten, dass..?“-Jahre mit Thomas Gottschalk. So trug der 35-Jährige silberne Glitzerschuhe, weil auch Gottschalk oft durch seine Outfits auffiel. Auf dem Tisch standen Süßigkeiten, allerdings diesmal keine Gummibärchen, sondern Gelee-Bananen und Sahne-Bonbons. Böhmermann schlug seinen Gästen mit seinen Moderationskarten auf die Schenkel. Gottschalk war bekannt dafür, seine Interview-partner oft anzufassen.

Die erste angekündigte Wette: eine reine Luftnummer. Böhmermann fragte, ob alle ihre Handys ausgeschalten hätten. „Wir haben später noch eine Wette, in der ein Kind mit zwei Galaxy Note 7 Waffeln backt.“ Die tatsächliche Wette lautete dann so: Bruno Dröse aus Geilenkirchen wettet, dass er seine Ehefrau mit Hilfe eines Baggers zum Orgasmus bringen kann. Das konnte er natürlich nicht, dafür demolierte er aber ein Auto. Für die nächste Wette setzte ein Mädchen eine Brille samt obligatorischer Wetten-Deko auf – und Böhmermann fuchtelte in Gottschalk-Manier vor ihrem Gesicht herum.

Hinter dem beigen, halbrunden Sofa hing während der Show ein Bild von Frank Elstner, dem ersten Moderator und Erfinder von „Wetten, dass..?“. Davor tauschten die Gäste Erwartbares aus. Mit dem deutsch-türkischen Rapper Eko Fresh redete der 35-Jährige über die deutsch-türkische Freundschaft, mit Topmodel Eva Padberg über ihre Körpergröße und mit CDU-Politiker Jens Spahn über mögliche Koalitionen im Bundestag. Als der Schweizer Musiker DJ Bobo neben Padberg saß, meinte Böhmermann, ganz im Tonfall und Tonlage von Gottschalk: „Ich trenne euch ganz kurz mal aus Sicherheitsgründen.“

Zwischendrin ließ Böhmermann nicht unerwähnt, dass er vor einem halben Jahr mit seinem Gedicht „Schmähkritik“ Erdogan erbost hatte. Schon zu Beginn der Sendung sagte er: „Ich wette, dass ich es in den nächsten 90 Minuten schaffe, keine Staatskrise auszulösen, meine Damen und Herren.“ Eko Fresh trug ein T-Shirt mit einer deutschen und einer türkischen Flagge und einem Herz; Böhmermann hielt sich das gleiche Shirt lachend vor die Brust.

Natürlich mussten einige Gäste, so war das ja auch früher, vor dem Ende der Sendung schon gehen. Sie bekamen lieblos einen Blumenstrauß in die Hand gedrückt. Nach einer Dreiviertelstunde war dann für alle Schluss, denn der Sendeplatz des „Neo Magazin Royale“ ist nur so lang. Doch die Show ist noch nicht vorbei – der Rest soll in der kommenden Woche gezeigt werden. Böhmermann sagte am Ende zu seinen Gästen: „Ihr bleibt eine Woche hier.“ Sie könnten sich ja Pizza bestellen.

Eigentlich sollte die Sendung, so formulierte das Böhmermann, „eine Mischung aus Hommage und Bewerbung“ sein. Er wolle gerne zwölf Ausgaben im kommenden Jahr moderieren. Die Sendung vom Donnerstag wolle er zusammen mit einem Lebenslauf beim ZDF einreichen in der Hoffnung, dass er im kommenden Jahr den Samstagabend bekommt.