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Kinofilm "Verpiss dich, Schneewittchen"

Bülent Ceylan erobert das Kino und versucht in seiner Komödie deutsche Debatten wie Fremdenfeindlichkeit, Islam und Kultur einzufangen.

29.03.2018, 23:01

Köln (dpa) l Bülent Ceylan kann sich auf seine Haare verlassen. Steht der Mannheimer Komiker auf der Bühne, lässt er die dunkle Mähne gern mal unter allgemeinem Gejohle schwingen. Das kann ihn auch über Phasen retten, in denen ein Gag mal nicht so zündet, was bei dem erfahrenen Comedian zugegebenermaßen nicht mehr allzu oft passiert. Nun spielt Ceylan seine erste Kinohauptrolle, und es ist keine große Überraschung, dass er genau damit anfängt – mit seinen Haaren. Prächtig wallen sie in der ersten Szene der Komödie "Verpiss dich, Schneewittchen!" durch die Luft. Das Problem: Inhaltliche Schwächen kann die Haarpracht diesmal nur ansatzweise kaschieren.

Aber der Reihe nach. Ceylan füllt seit vielen Jahren zuverlässig Hallen mit seinen Bühnenprogrammen. Mittlerweile hat der "Monnemer Türk", wie er sich selbst nennt, mehrere Comedypreise in der Vitrine und den Verdienstorden des Landes Baden-Württemberg an der Brust. Es lag irgendwie nahe, den Ceylan-Kosmos um einen Kinofilm zu erweitern. Produzent Oliver Berben gibt ihm die Chance dazu.

Ceylan schlüpft dafür in eine Rolle, die zwar nicht Bülent Ceylan heißt, in der aber viel Bülent Ceylan steckt. Ceylan, Sohn einer deutschen Mutter und eines türkischen Vaters, spielt Sammy, einen verhinderten Musiker, der im türkischen Bad seines Bruders jobbt, Handtücher faltet und Männerrücken knetet. Eigentlich träumt er von einer Rockstar-Karriere. Auch das ist ein Querverweis zu Ceylans Leben. Seine ersten Gehversuche machte dieser in Mannheim einst mit einem Musical, damals an der Seite eines anderen berühmten Sohnes der Stadt: Soulsänger Xavier Naidoo ("Dieser Weg").

Durch glückliche Umstände landet Sammy dann doch in der engeren Auswahl einer Casting-Show. Er braucht dafür aber eine Band. In der Not rekrutiert er seine Schwester Jessi (Josefine Preuß), den knorrigen Aushilfsmasseur Wolle (Paul Faßnacht) und den dicken Mahmut (Özgür Karadeniz). Gemeinsam werden sie "Hamam Hardrock".

Was nach einer launigen Komödie in der Musikbranche klingt, soll nebenbei viel mehr sein – ein Kommentar zu den deutschen Debatten der vergangenen Jahre. Heißt: das Aufeinanderprallen verschiedener Kulturen, Fremdenfeindlichkeit, der Islam. Masseur Wolle, der neu im türkischen Bad anfängt, kommt aus dem stramm rechten Milieu. Als er in Sammys Band eintritt, verwüsten seine Kneipen-Kumpels erstmal den Hamam. Es fällt der Satz "Wir sind das Volk".

Der Film sei eine Komödie mit "überraschendem Tiefgang", heißt es dazu offensiv im Pressetext. Da ahnt man schon, dass all das etwas gewollt wirken könnte, auch wenn der Versuch ehrbar ist. Die Komödie schlingert zwischen halbgarem Klamauk und dem unbedingten Willen, auch mal ein ernsthaftes Thema ansprechen zu wollen. In der Regel setzt in diesen Szenen Klaviermusik ein. Hinzu kommt, dass Ceylan sich sichtlich abmüht mit der Schauspielerei. Man tritt ihm nicht zu nahe, wenn man sagt, dass er auf der Bühne zu Hause ist.

Das Problem ist, dass ihm für sein Kinodebüt neben Profis wie Josefine Preuß ("Türkisch für Anfänger") zu allem Überfluss auch noch eine Heerschar Promis an die Seite gestellt werden, die nicht primär mit Schauspielerei ihr Geld verdienen – etwa der mittlerweile omnipräsente Comedian Chris Tall. Mancher Gastauftritt wirkt sogar wie ein Relikt aus dem Fernsehen der 90er Jahre. Rapperin Sabrina Setlur ("Ja klar", 1995) spielt die fiese Musiklabel-Chefin. Und Tom Gerhardt kehrt – ja wirklich – als Hausmeister aus "Hausmeister Krause" zurück. Das ist dann tatsächlich recht überraschend.