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Künstlervereinigung Begegnungen seit drei Jahrzehnten

Die Künstlervereinigung "Gruppe 90" veranstaltet seit 30 Jahren gemeinsame Ausstellungen und Workshops in Magdeburg.

Von Grit Warnat 23.10.2020, 01:01

Magdeburg l Eine Künstlervereinigung mit sehr verschiedenen Charakteren über Jahrzehnte am Leben zu halten, ist keine Selbstverständlichkeit. Keiner weiß das besser als Klaus Fezer. Der Maler und Grafiker, 1943 im thüringischen Sondershausen geboren, Kunstpädagogik-Studium in Weimar, Erfurt und Leipzig, war 1990 Mitbegründer und ist seitdem Mitglied des elfköpfigen Zusammenschlusses. Er erlebte so manchen Wechsel, weil einige der damaligen Gründungswegbegleiter wie Eberhard Frank aus Schönebeck oder der Magdeburger Gerd Bunzenthal verstorben sind.

Fezer hat sein Atelier in Zerbst. Jeder in der Gruppe arbeite selbständig, aber auch Einzelschaffende bräuchten Austausch, gemeinsame künstlerische Begegnungen, sagt der Zerbster. Gruppenarbeit schmiede einerseits zusammen, andererseits biete sie Potenzial für Auseinandersetzung. Er spricht von Klammern des gemeinsamen Wirkens, des Zusammenhaltes und erzählt von den monatlichen Zusammenkünften für das Akt-Studium in Magdeburg, den einmal jährlich stattfindenden Workshops, den gemeinsamen Ausstellungen, den alljährlichen Landschaftspleinairs.

Erst Anfang Oktober war die Gruppe in Ahrenshoop und hat sich inspirieren lassen – nicht nur von der Aura des Ortes, natürlich auch von der Landschaft, die schon vor 125 Jahren namhafte Künstler verschiedenster Kunstrichtungen anzog und damals bereits anregte zu lebendiger Diskussion.

Einmal im Jahr zieht es die Vereinigung gemeinsam zum Pleinair. Elbsandsteingebirge, Harz, Elblandschaft, der Darß. Fezer erzählt, wie wichtig es sei, Landschaft bei Wind, Sonne, Regenschauern mit allen Sinnen zu erfassen und geistig für sich zu verarbeiten. Jeder in der Gruppe habe solche Eindrücke auf seine Weise künstlerisch verarbeitet. Das sei schöpferische Suche.

Wie verschieden die Sichten und wie unterschiedlich die Handschriften der Gruppenmitglieder sind, konnte man im September in der Ausstellung der „Gruppe 90“ im Landtag sehen. Siegfried Thiele zeigte dort seine farbintensive "Ostseestimmung", Werner Opelka eine "Landschaft" mit Wald, Fluss und Häusern, Bettina Kieslich einen "Strauß von der Streuwiese", Wolfgang Wähnelt eine "Bördelandschaft" mit gelben und grünen Feldern. Sabine Zimmerhäkel hat Mensch und Natur in Beziehung zueinander gesetzt. In den Aquarellen von Bernd Bluhm strömten Naturgewalten auf den Betrachter ein und das Wechselspiel von Sonne, Wolken, Wasser. Fezer stellte Landschaften mit Dom und Magdeburger Kugel aus, ebenso seinen Harlekin – ein Bild, auf dem großspurig Reden geschwungen werden.

Einmal im Jahr ist solch eine gemeinsame Präsentation geplant. Das schafft Öffentlichkeit. Sie ist der Gruppe wichtig. Karin Hamann, die Ärztin aus Schönebeck, malte schon zu Studienzeiten und ist seit zehn Jahren Mitglied bei den 90ern, hält wie einen Fächer die Einladungskarten zu den vielen Ausstellungen in der Hand. Mit dabei auch jene für "Art-mobile", noch ein Projekt, mit dem die Künstlervereinigung sowohl auf Inspiration als auch auf Öffentlichkeit setzt. Direkt zur Musik würden erste Eindrücke verarbeitet, sagt Hamann. Das Orchester spielt in der Kirche oder der Organist an der Orgel und hinten sitzen die Künstler und halten die Klänge mit Pinseln und Stiften in ersten Grundzügen fest. Karin Hamanns so entstandene "Violine" gehörte zu den Exponaten in der Landtagsexposition.

Gründungsmitglied Fezer zeigt sich stolz, dass die "Gruppe 90" bereits drei Jahrzehnte Bestand hat und zu Begegnungen lädt. Alter, Krankheit, Tod haben in den vergangenen Jahren dezimiert, aber auch wieder Neue zur Gruppe stoßen lassen. Die Mitglieder entscheiden über die Aufnahme. Per Mehrheitsbeschluss. In den 30 Jahren ist die Vereinigung jedenfalls wie die künstlerische Herangehensweise jedes Einzelnen geblieben – sehr verschieden. Sie reicht vom Architekten über die Ärztin bis hin zum Buchillustrator. Man begegne sich auf Augenhöhe, sagt Fezer über das bis heute funktionierende Miteinander.