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Neuverfilmung von Joseph Vilsmaier erstmals im frei empfangbaren Fernsehen Die Geschichte vom Brandner Kaspar

23.12.2010, 04:24

In Bayern ist die Geschichte vom "Brandner Kaspar" legendär. Wenn der verwitwete Büchsenmacher dem Tod in Gestalt des Boanlkramer ein paar Lebensjahre abringen will, paaren sich bayerische Schlitzohrigkeit und Lebensfreude mit melancholischen Gedanken über das Sterben und den Sinn des Lebens. Die ARD zeigt die jüngste Version von Joseph Vilsmaier am 28. Dezember.

München (dpa). Vor allem Kurt Wilhelms Inszenierung am Münchner Residenztheater aus dem Jahr 1975 machte das komisch-tragische Volksstück weit über Bayern hinaus bekannt. Im Jahr 2007 und 2008 hat sich der Filmregisseur Joseph Vilsmaier an die Erzählung gewagt, deren Urfassung der Münchner Schriftsteller Franz von Kobell 1871 in einer Wochenschrift veröffentlicht hatte. Prominent besetzt mit Michael Bully Herbig, Franz Xaver Kroetz, Lisa Maria Potthoff und Jörg Hube (er starb 2009 in München), kam "Die Geschichte vom Brandner Kaspar" im Oktober 2008 bundesweit ins Kino. Der Film wird am Dienstag (21.45 Uhr) erstmals im Free-TV ausgestrahlt – und zwar in der ARD.

Vor den imposanten bayerischen Alpen spielt Kroetz den Brandner als schrägen Eigenbrötler, der sein karges Leben mit Wildern aufbessert. Einziger Lichtblick: Seine Enkelin Nannerl. 69 Jahre ist der Brandner alt, als der Tod an seine Tür klopft – ein verdruckstes Männlein mit fahlem Gesicht und unheimlichem Grinsen. Sterben will der Brandner nicht und so verführt er den Boanlkramer (Herbig) zum Kirschgeisttrinken, um ihn danach beim Kartenspiel zu betrügen.

Mit leerem Leichenwagen muss der "Boanl" abziehen – hat der listige Brandner doch 21 Lebensjahre herausgeschunden. Doch Petrus (Hube) schickt den Boanlkramer erneut aus, um den eigensinnigen Bayern vor seinen letzten Richter zu schaffen. Dabei hat Petrus ohne sein Wissen einen Verbündeten auf Erden: den Kugler Alois. Der will an Brandners Berghof herankommen, um ihn für viel Geld an den preußischen General a.D. von Zieten zu verkaufen.

Mit üppiger Ausstattung breitet Vilsmaier die Geschichte in dem fünf Millionen Euro teuren Streifen aus – entstanden ist ein unterhaltsamer, aber gemächlicher Heimatfilm ohne Überraschungen.

Oft setzt der Streifen auch stark auf Klischees: Die Bayern als derbe Gesellen, die einem Schnaps nicht abgeneigt sind und unter ruppiger Schale ein gutes Herz verbergen. Das Paradies ist so, wie sich viele Norddeutsche den Himmel der Bayern vorstellen dürften: Hübsche Barock-Englein schwirren umher, der wohlgenährte und stets grantelnde Petrus lässt sich Bier und Weißwurst schmecken. Und wohlwollend und etwas herablassend blickt man im Himmel auf die "Preißn", die anders als die gemütlichen Bayern immer nur Unruhe verbreiten.

Der Film schwankt immer wieder unentschlossen zwischen Komödie und Drama. Dies wird nicht zuletzt beim Boanlkramer deutlich. Die lustigen Szenen meistert Herbig noch gewohnt souverän, ohne den bullytypischen Klamauk. Anders aber in den ernsteren Momenten, etwa wenn der Tod über seine Einsamkeit und seine freudlose Arbeit sinniert. Hier kann Herbig der Figur nicht die Tiefe und den Ausdruck verleihen, um den Boanlkramer faszinierend und unheimlich wirken zu lassen. Wie so vieles in dem Film wirkt der schwarze Geselle, der sich auch unsichtbar machen kann, eine Spur zu nett, ohne Ecken und Kanten.

Vilsmaier, der sich mit dem Film einen Kindheitstraum erfüllt hat, kann sich auch einen Erfolg außerhalb des Freistaats vorstellen. Der bayerische Himmel sei eine Mentalitätssache. "Die Menschen sind wortkarg und haben das Herz am rechten Fleck, sie sind manchmal grantig, manchmal nett, die haben alles drauf. Daran haben die Leute auch im Norden Gefallen!"