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DDR-Geldfälscher und ihre Lust am Verbotenen Blüten für Kondome

19.03.2014, 01:19

Berlin (dpa) l Als der Fälscherkönig im Herbst 1952 ein Stückchen Seife mit einem Zwanzig-Mark-Schein im HO-Warenhaus Leipzig bezahlen will, fliegt die Sache auf. Pech für ihn: Er hat noch 151 selbst gefälschte Scheine dabei. Über Wochen hatte der kreative Kopf DDR-Kriminalisten sowie Stasi-Leute in Atem gehalten und seine Blüten in Umlauf gebracht. Es war der größte Coup eines Geldfälschers im "Arbeiter- und Bauernstaat".

"Falschgeld in der DDR" - unter diesem Titel beleuchtet ein neues Buch das bislang weitgehend unbekannte Phänomen. "Darauf bin ich erst jetzt bei anderen Recherchen gestoßen. Ich war selbst überrascht", sagt Autor Peter Leisering. "Geldfälschungen passten nicht ins Bild von der sozialistischen Gesellschaft und waren deshalb weitgehend aus den Medien verbannt."

In der Wohnung seiner Freundin hatte der im Buch Albrecht Hiltja genannte Fälscherkönig (fiktiver Name) experimentiert und mehr als 10 000 brauchbare Zwanziger hergestellt, ist zu erfahren. Einen Teil tauschte er gegen echtes Wechselgeld - beim Kauf von Zigaretten, Kämmen, Bleistiften, Tee, Kondomen oder Fahrkarten. Der Kunstmaler und Konditor wurde zu zwölf Jahren Zuchthaus verurteilt, von denen er neun absaß. Ob in Dresden, Ost-Berlin, Leipzig, Potsdam, Magdeburg, Weimar, Apolda oder Bautzen - bei den Fälschern habe auch die "Lust am Experimentieren und Verbotenen" eine Rolle gespielt, schreibt Leisering. "Für die, die nicht erwischt wurden, war es ein aufregendes Spiel."

Die meisten waren nach dem Mauerbau 1961 Freizeit- und Sonntagsfälscher, wie Leisering schreibt. Bemerkenswert sei ein Senior aus Dresden gewesen. Dem gefassten Falschmünzer sei es um "den letzten Kick in seinem Rentnerleben" gegangen. Eine Frau versucht in den 70er Jahren ohne Erfolg in einer Magdeburger Bank die zusammengeklebte Kopie eines 50-Mark-Scheins loszuwerden.

Der Historiker berichtet von nachweisbar 12 320 falschen Banknoten sowie 366 unechten Münzen. In der Deutschen Notenbank, aus der später die DDR-Staatsbank hervorging, arbeitete auch eine extra Abteilung für Falschgeld-Fälle. Doch etliche davon wurden nie aufgeklärt. Das letzte "Falschstück", eine nachgeahmte Zwei-Mark-Münze, fand sich kurz vor dem Mauerfall Mitte Oktober 1989 in einer Münzrolle der evangelischen Kirche.

"Falschgeld in der DDR", Peter Leisering, Das Neue Berlin, 320 Seiten, 16,99 Euro.