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Im Magdeburger Kabarett "...nach Hengstmanns" hatte das Programm "3 sind Einer zuviel" eine begeistert beklatschte Premiere Das etwas Weniger war sehr viel mehr

Von Rolf-Dietmar Schmidt 22.03.2014, 01:19

Magdeburg l Mit dem Programm "3 sind Einer zuviel" haben die Kabarett-Barden von "...nach Hengstmanns" in Magdeburg meteorologisch punktgenau einen Sturm der politisch-satirischen Frühlingsgefühle entfacht. So frech, frisch und bissig wie bei dieser Premiere an einem milden Donnerstagabend hat man sie selten erlebt.

An irgendeiner Stelle sagt Impresario Frank Hengstmann einen Satz, der für dieses Kabinettstückchen vielleicht programmatisch war: "Ich möchte nicht auf den biertrinkenden Proletarier reduziert werden." Nicht, dass die vom Publikum geliebten und erwarteten Manni-Fest-Auftritte verschwunden wären. Aber Manni hat sich entwickelt. Sein scheinbares Miss- und Unverständnis über die offenbar so alltäglichen Dinge dieser Welt sind viel tiefsinniger, subtiler geworden. Er schwingt hier nicht das grobe Schwert, sondern ficht mit dem kabarettistischen Degen. Das etwas Weniger ist dabei sehr viel mehr.

Selten war das Zusammenspiel von Frank, Tobias und Sebastian Hengstmann, der drei, von denen angeblich einer zuviel sei, so ausgewogen, gespickt mit intelligenten Wortspielen, fließenden Übergängen zu völlig unterschiedlichen Themen und auch nur ganz wenig mit Uralt-Kalauern durchsetzt.

Die Hengstmänner sind Komödianten im besten Sinne, nutzen auch Comedy, lassen sich aber nicht von ihr beherrschen. Sie haben einen eigenen Stil entwickelt, mit dem sie sich für ihr Publikum unverwechselbar machen.

Ganz typisch dafür ist die Nummer des familienfreundlichen Soldatenlebens, dank Flinten-Uschi mit Kittelschürze statt Kampfanzug und Kopftuch statt Stahlhelm. Und während man noch herzlich lacht, folgt bittere Ironie von Bundeswehr(macht) und "Tote schaffen ohne Waffen". Dieses Wechselspiel der Ausdrucksmittel macht politisch-satirisches Kabarett so spannend. Die Hengstmänner haben in diesem Programm die gesamte Klaviatur dieser Möglichkeiten genutzt.

Natürlich kommt ihnen außerdem eine enorme Schlagfertigkeit und das Nutzen von Situationskomik zugute. Wenn sich da an diesem Frühlingsabend ein Falter vom Scheinwerferlicht angezogen fühlt, dann wird der eben zur Drohne, die das Geschehen beobachtet.

Musikalisch waren die Familienkabarettisten schon immer ein besonderer Leckerbissen. Diesmal haben sie der Gema, der Anstalt zur Wahrung von Aufführungsrechten, die bei jedem öffentlich aufgeführten Musiktitel mitkassiert, ein Schnippchen geschlagen. Alle musikalischen Einlagen sind im Hause entstanden, reichen vom Gema-freien Volkslied bis zum groovenden Jazz, zeichnen sich durch exzellente Texte aus. Und wenn Tobias Hengstmann mit einem Schlagzeug in der Ecke wortlos Takte schlägt, dann reichen Mimik und Körpersprache völlig aus, um eine Slapstick-Situation zu kreieren, die auch aus einem Stummfilm sein könnte.

Bernd Kurt Goetz hat die Regie für das Programm "3 sind Einer zuviel" übernommen, was bestimmt keine leichte Aufgabe war. Er hat aber mit Feingefühl und Toleranz all das an kabarettistischen Schätzen den drei Protagonisten entlockt, was mit einem strengen Reglement nie zu Tage getreten wäre. "Das ist meine große Kleinkunst", meint Frank Hengstmann in einer der Nummern. Mit diesem Programm haben Frank, Tobias und Sebastian Hengstmann bewiesen, dass man im Kleinen ganz groß sein kann.