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Neues "Kugelblitze"-Programm Ein Depp im Kornfeld

Was wäre, wenn Alice aus ihrem Wunderland ins heutige Deutschland käme? Die "Kugelblitze" haben das einmal durchgespielt.

Von Claudia Klupsch 05.05.2014, 01:28

Magdeburg l Sabine Münz und Ernst-Ulrich Kreschel vom Kabarett "Die Kugelblitze" haben am Freitagabend ihr neues Programm "Alice im Widerstand oder der totale Teilzeitkrieg" präsentiert. So ganz reicht es nicht an ihren ersten gemeinsamen Coup, an das Programm "Kehrseiten" vom letzten Jahr heran. Dennoch amüsierten sie ihr Publikum in der Magdeburger Zwickmühle prächtig.

Die Idee: Alice aus dem Wunderland entsteigt dem Märchen und begibt sich nach Deutschland. Hier findet das Mädchen, inzwischen zur Frau gereift, alles andere als ein Wunderland vor. Kein Wunderland - ab in den Widerstand!

Abhörskandal aufs Korn genommen

Inspiration holten sich Münz und Kreschel aus "Alice im Wunderland", "Der Zauberer von Oz" und Wolkows "Der Zauberer der Smaragdenstadt". Die Kabarettisten selbst schrieben die satirischen Texte ihres Programms und komponierten einige Melodien. Spielerischen Schliff holten sie sich durch Regisseur Max K. Hoffmann, langjähriger Generalintendant des Magdeburger Theaters.

Gleich zu Beginn hat das Programm einen musikalischen Höhepunkt. Nach der Melodie der amerikanischen Nationalhymne singt Sabine Münz "Ich zieh in den Kampf". Das Lied nimmt den Abhörskandal um Edward Snowden aufs Korn. Der bitterböse Text ("Weiter abwärts geht´s mit den United States") gerät fast in den Hintergrund ob der klaren, starken Stimme von Münz. Bei einem Auftritt in einem gefüllten Football-Stadion würde sie die Amis zu Tränen rühren.

Nicht jede Pointe geht auf

Überhaupt ist das Programm sehr musikalisch. Bis auf eine Ausnahme ist die Rollenverteilung klar: Münz erfreut mit ihrem Gesang, Kreschel begleitet routiniert am Flügel. Kongeniale Darbietung nennt man das. "Ein Depp im Kornfeld" besingt das Versagen eines Unternehmers. "Jedem sein Waterloo" ("Wir sind alle Verlierer") und "Du verdienst, was du verdienst" bringen dem Publikum schonungslos die nackte Wahrheit bei.

Hoffmann hat beide Kabarettisten gut eingestellt. Gemeinsame Szenen sitzen, keine Pointe verglimmt. Als "Skulder und Malli" sind sie den unfähigen Geheimdiensten auf der Spur. Alice und der "eiserne Horst" (Seehofer) liefern sich einen gewitzten Schlagabtausch. Hier hat Kreschel seinen besten Auftritt. Im "schönsten" Bayerisch beschimpft er die "Sozen" und gibt mit ausgebreiteten Armen und Leidensmiene, flugs auf einen Stuhl geklettert, den Jesus, nein, den gekreuzigten Horst am Wildbach-Kreu(th)z.

Nicht alles im Programm geht auf. Der "dritte Mann" auf der Bühne etwa, Plüschtier Bunny, entzückt lediglich durch sein täuschend echtes Hasenaussehen, weniger durch eine sinnige Rolle.

Ursula von der Leyen versucht vergeblich, ihr Grinsen abzustellen

Absolute Siegerin des Abends: Ursula von der Leyen. Weit lässt sie Angela Merkel hinter sich. Beide herausragenden Frauengestalten der aktuellen deutschen Politik karikiert Sabine Münz brillant. Die Verteidigungsministerin versucht vergeblich, sich das Dauergrinsen abzugewöhnen. Ausgesprochen böse kommt sie daher, will "Kafferland in die Demokratie" bomben. Herrlich das Sticheln gegen die Kanzlerin, deren heruntergezogene Mundwinkel von einer "inneren Verbitterung" herrühren.

Merkel tritt textlich blass auf, ist aber unverkennbar in Stimme und Habitus. Publikumsliebling wie sie sind auch die drollig-prolligen TV-Geissens, die Münz und Kreschel in komödiantischer Hochform aufleben lassen. Zu Recht landen sie viele Lacher.

Zu Recht erntet das Duo am Ende herzlichen Applaus. Fazit: Zweites Zweierprogramm gelungen.