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Babelsberger Kostümfundus hat die Stoffe für Filme wie "Monuments Men" und "Sonnenallee" Vom Märchenkleid bis zur Uniform

Quentin Tarantino bedient sich, George Clooney auch und deutsche Filmstars sowieso: Der Kostümfundus Babelsberg birgt mehr als eine halbe Million Kostüme - darunter die Ausstattung aus vielen Defa-Produktionen.

Von Marion van der Kraats 11.08.2014, 01:33

Potsdam (dpa) l Die besonderen Stücke hängen separat, Laken schützen sie vor Licht: Letzte Uniformen der DDR-Grenzpolizei aus den Jahren 1958 bis 1962, eine Wehrmachtsjacke, eine von Schauspieler Heinrich George getragene Uniform. Ein paar Schritte weiter lagert die Kluft der Soldaten aus George Clooneys Kunstraub-Thriller "Monuments Men". Über 30000 Teile finden sich allein in der Militärabteilung des Kostümfundus´ in den Filmstudios Babelsberg. Ein Großteil des Bestandes stammt von der Defa (Deutsche Film AG) - und wäre nach dem Mauerfall 1989 fast verloren gegangen.

25 Jahre später hängt die Militärkleidung zusammen mit anderen Defa-Schätzen Bügel an Bügel mit Kostümen zahlreicher Hollywoodstars. Auch auf die Leinwand haben die Teile es wieder geschafft - etwa in Leander Haußmanns Kultfilm "Sonnenallee", dem Stasi-Drama "Das Leben der Anderen" oder dem Fernseh-Zweiteiler "Der Turm" über eine DDR-Familie.

Der Fundus werde für die Ausstattung von Kino- und Fernsehfilmen sowie Theater- und Bühnenprojekte genutzt, sagt Matthias Voß, einer der Geschäftsführer. Kunden seien Weltstars wie der US-Filmemacher Quentin Tarantino, der 2008 in Babelsberg "Inglourious Basterds" drehte, oder eben Oscar-Preisträger Clooney. Auch der Schauspieler Thomas Rühmann - bekannt aus der Arztserie "In aller Freundschaft" - bedient sich für sein "Theater am Rand" im brandenburgischen Oderbruch an den Kleiderstangen.

Der Weg dahin war steinig: Mit dem Mauerfall begannen unsichere Zeiten für das Filmstudio Babelsberg. 43 Jahre nachdem die Defa als erste deutsche Filmgesellschaft von den Alliierten die Lizenz zur Herstellung erhalten hatte, drohten die Lichter auszugehen. Von einst rund 2270 Mitarbeitern der ostdeutschen Filmfabrik waren 1991 nur noch knapp 1000 beschäftigt. Mit der Krise drohten Schätze aus mehr als 3500 Defa-Produktionen verloren zu gehen - darunter prachtvolle Kostüme aus Märchenfilmen wie "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel".

Mehr als eine halbe Million Kostüme und Accessoires bietet der Kostümfundus heute an. "Mehr als die Hälfte des Defa-Fundus´ ist bestimmt noch hier", sagt Gewandmeisterin Ute Kanter. Die Stoffe damals hätten eine gute Qualität gehabt. "Da wurde richtig investiert, weil es für die DDR ein Aushängeschild war." Dennoch nagt an manchen Teilen die Zeit - auch wenn der Fundus Motten recht erfolgreich fernhält. "Die Ansprüche des Filmes ändern sich", meint Fundus-Chefin Gabriele Leuter. "Wir kaufen kontinuierlich an." Das geschehe teils auch auf Flohmärkten.

"Der Kostümfundus ist ein wichtiger Bestandteil für die Attraktivität unseres Filmstudios", sagt Eike Wolf, Sprecher der benachbarten Studio Babelsberg AG. Der Erfahrungsschatz der Mitarbeiter sei unersetzlich. Seit Sommer 2012 gehört die Einrichtung nicht mehr zum Studio, sondern ist zum benachbarten Filmpark gewechselt. Hintergrund des Wechsels waren auslaufende Mietverträge.

Die Gänge des Fundus´ sind voll von Kleiderstangen. "Wir haben alle militärischen Uniformen", erzählt der Diplom-Politologe André König - vom Orden über Schulterstücke, Knöpfe und Barett bis hin zur Jacke. Der 40-Jährige hat Militärgeschichte studiert und war bis zu seinem Wechsel nach Babelsberg 2009 im Deutschen Historischen Museum in Berlin tätig.

Tütchen mit Knöpfen sind mit Stecknadeln angeheftet, oder Zettel mit Hinweisen. Auf dem an einer Uniformjacke heißt es etwa "schwarze Hose dazu". "Das sind wichtige Merkhilfen", erklärt König. "Man muss wissen, wer wann welche Uniform getragen hat. Welche Knöpfe es bis wann gab, welche Auszeichnungen."

Fehler würden schnell registriert vom Filmpublikum, so der Experte. "Wichtig ist, dass die Kostümbildner von uns alles korrekt kriegen", betont er. Was dann am Set - beispielsweise aus optischen Gründen - verändert werde, liege nicht in seiner Macht.