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Heidi Kabel Die Hamburger Deern vom "Ohnsorg"

Heidi Kabel hatte das Herz auf dem rechten Fleck - und wurde dafür geliebt. Auch an ihrem 100. Geburtstag ist die "Hamburger Deern" und Volksschauspielerin mit Leib und Seele unvergessen.

25.08.2014, 01:30

Hamburg (dpa) l Da steht sie nun - bescheiden wie immer - in einem Kittelkleid und streckt den Passanten die linke Hand entgegen: Vor dem neuen Ohnsorg-Theater, direkt hinter dem Hamburger Hauptbahnhof und neben dem Deutschen Schauspielhaus, begrüßt Heidi Kabel, der unvergessene Star des Ohnsorg-Theaters, die Besucher der niederdeutschen Bühne als lebensgroße Bronzestatue.

Mit dem Umzug von den Großen Bleichen an den neuen Standort "ist ein Wunsch meiner Eltern in Erfüllung gegangen", sagte ihre Tochter Heidi Mahler bei der Einweihung des Denkmals im September 2011. An ihrem 100. Geburtstag am 27. August erinnert das Ohnsorg-Theater mit einer "Heidi-Kabel-Nacht" an die beliebte Volksschauspielerin. "Für die Hamburger war sie einfach nur: Uns Heidi! Ein herzlicher Ritterschlag, eine wunderbare Liebeserklärung", sagte Ohnsorg-Intendant Christian Seeler der Nachrichtenagentur dpa.

Große Frauenrollen des deutschen Volkstheaters

Bei der "Heidi-Kabel-Nacht" verwandelt sich das Theater in einen Kinosaal und die Zuschauer können noch einmal den wohl beliebtesten Klassiker mit Heidi Kabel auf der Filmleinwand erleben: "Tratsch im Treppenhaus". Mit Witz, Geradlinigkeit und Herzenswärme habe sie die Zuschauer im Sturm erobert, würdigte Hamburgs ehemaliger Bürgermeister Ole von Beust (CDU) die Volksschauspielerin. Sie sei in ihren Rollen wie im wahren Leben immer hanseatisch, bodenständig und ehrlich gewesen - "eben eine echte Hamburger Deern!"

Heidi Kabel hatte das Herz auf dem rechten Fleck - und wurde dafür geliebt. In mehr als 65 Jahren stand die Schauspielerin in über 160 plattdeutschen Stücken auf der Bühne, spielte tratschsüchtige Nachbarsfrauen, keifende Hausdrachen, bauernschlaue Mütter und schrullige Alte. Sie überzeugte mit Mutterwitz und Menschenkenntnis in allen großen Frauenrollen des deutschen Volkstheaters und machte das Plattdeutsche weit über den Norden hinaus bekannt. "Es gibt für mich nichts Schöneres, als mein Publikum zum Lachen, zum Nachdenken und zum Weinen zu bringen", sagte sie selbst einmal.

Dabei wollte Heidi Kabel zunächst gar keine Schauspielerin werden, sondern Pianistin. Als 18-Jährige begleitete sie 1932 eine Freundin zum Vorsprechen an die "Niederdeutsche Bühne", die Richard Ohnsorg 1902 gegründet hatte - und wurde selbst engagiert. Dabei hatte ihre Mutter ihr noch hinterhergerufen: "Heidi, du nicht!" 1937 heiratete sie den Regisseur Hans Mahler, der 1948 zum Leiter des Ohnsorg-Theaters berufen wurde, und bekam drei Kinder: die Söhne Jan-Rasmus und Heiko und die Tochter Heidi, die in ihre Fußstapfen stieg. An ihrer Mutter schätze sie am meisten, "dass sie zu Hause eine richtige Mutter war und im Theater eine so fantastische Schauspielerin - und das alles unter einen Hut bekommen hat", erinnert sich Heidi Mahler.

Mit 92 Jahren zum letzten Mal vor der Kamera

Über hanseatische Grenzen hinaus populär wurde Kabel in den 1950er Jahren, als das Fernsehen die Aufführungen aus dem Ohnsorg-Theater ausstrahlte. Bald avancierte sie zum Star der Volksbühne. Neben dem Kölner Willy Millowitsch gehörte Heidi Kabel schnell zu den beliebtesten Schauspielern des volkstümlichen Theaters.

Ihre Rolle in "Tratsch im Treppenhaus", wo sie 1962 neben dem unvergessenen Henry Vahl die klatschsüchtige Nachbarin Meta Boldt gab, bleibt ebenso unvergessen wie "Die Kartenlegerin" und "Mudder Mews".

Mit über 70 erweiterte sie ihr Fernsehrepertoire um Charakterrollen - im Kinofilm "Hände weg von Mississippi" von Detlev Buck stand sie 2007 mit 92 Jahren ein letztes Mal vor der Kamera - gemeinsam mit ihrer Tochter.