1. Startseite
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Aus dem Reisebüro auf die Bühne

Elizabeth Llewellyn Aus dem Reisebüro auf die Bühne

Wagners "Lohengrin" steht am Donnerstag als erste Premiere der neuen Spielzeit im Magdeburger Opernhaus auf dem Spielplan. Das Publikum erlebt Elizabeth Llewellyn als Elsa von Brabant. Ein ungewöhnliches Talent aus London gibt sein Debüt an der Elbe.

Von Klaus-Peter Voigt 15.09.2014, 01:34

Magdeburg l Wenige Tage vor der Premiere ist der britischen Sopranistin kein Lampenfieber anzumerken. Das Gesicht strahlt Ruhe aus, die Sängerin lacht in ihrer fröhlichen Art fast unbekümmert. Dabei weiß Elizabeth Llewellyn um die große Herausforderung. Das erste Mal steht sie in einer Wagner-Oper auf der Bühne, das erste Mal hat sie mit der Elsa von Brabant eine deutschsprachige Partie übernommen.

Mit der deutschen Sprache hat sie keine Probleme. Drei Jahre Fremdsprachenunterricht sind eine gute Basis. Der eiserne Wille, etwas zu erreichen, tut sein Übriges.

Manchmal führen verschlungene Wege zum Ziel. Die Londonerin berichtet von der Ausbildung am Konservatorium, dem Royal Northern College of Music. Mit dem Bachelor in der Tasche sagte sie dem Gesang ade. Gesundheitliche Gründe spielten für die Entscheidung eine Rolle. Es folgten Jobs in einer IT-Firma, als Teamleiter in einem Reisebüro. Alles seien tolle Erfahrungen gewesen, sagt die heute 40-Jährige.

Im Umfeld ihrer Wohnung pulsiert das musikalische Leben eines Londoner Vororts. Clubs, Chöre, Musikschulen und kleine Bühnen sorgen für Kreativität, ein besonderes Gefühl. Dem kann sich Elizabeth Llewellyn nicht verschließen.

In einem Laienchor findet die junge Frau 2008 Gleichgesinnte, einen Ausgleich zur Büroarbeit. Dann wird das Talent quasi neu entdeckt. "Eine tolle Stimme hast du, mach mehr daraus", sagt der Repetitor des Ensembles. Freunde bestärken die Unentschlossene. Immer wieder hört sie: "Do it!". Und sie fasst sich ein Herz, nimmt nach der Arbeit Gesangsunterricht, besuchte Kurse in Italien. Der Erfolg stellte sich ein. Schließlich der Glückstreffer. Für neun Monate wird sie Studentin am National Opera Studio. Nur zwölf Frauen und Männer bekommen im Jahr die Chance, dort einen Kurs zu besuchen.

Der Ehrgeiz habe sie gepackt, eine neue Lust am Gesang, erzählt Elizabeth Llewellyn. Sie kniet sich in ihre neue Aufgabe, weiß nun, dass die Bühne für sie eine Zukunft bedeutet. Ende 2009 der erste Vertrag. Die Mimi aus Puccinis "La Bohème" bringt ein vielbeachtete Debüt an der English National Opera. Regelrecht über Nacht muss die Sängerin als Gräfin in "Die Hochzeit des Figaro" übernehmen als die eigentliche Darstellerin krank wird. Der Sprung ins kalte Wasser bringt Selbstbewusstsein.

Drama mit Liebe und Hass

Engagements führen die große Entdeckung an die Opera Holland Park, ans Arcola Theatre, zum Iford Arts Music Festival sowie an die Königliche Oper Kopenhagen und an die Nationaloper Bergen/Norwegen. Elizabeth Llewellyn gewinnt 2009 den "Sir Willard White Award" im Voice of Black Opera-Wettbewerb und wird 2013 in der Sparte Oper für den prestigeträchtigen "Break-through Award" bei den "The Times/Sky Arts Southbank Awards" nominiert.

Im vergangenen Jahr hört Magdeburgs Generalintendantin Karen Stone die ungewöhnliche Stimme, verpflichtet die junge Frau vom Fleck weg für das Magdeburger Opernhaus. Dort wird sie in der aktuellen Spielzeit auch als Mimi zu erleben sein. Die Elbstadt bleibt kein Nebenschauplatz, denn Llewellyn hat ihre Londoner Wohnung aufgegeben. Von Sachsen-Anhalt aus reist sie zu Auftritten nach England und Kopenhagen, wo sie im kommenden Jahr eine tolle Titelpartie übernehmen soll. Welche? Da schweigt die Sängerin, hütet das Geheimnis.

Wichtiger ist jetzt der "Lohengrin". Die tragische Liebesgeschichte erscheint ihr keineswegs altbacken, sondern eher zeitlos. "Es geht menschlich zu, Liebe und Hass sind stets aktuell", sagt sie. Diese Entwicklung der Elsa vom Kind bis zur Ehefrau, das sei spannend und schwierig zugleich auf die Bühne zu bringen.

Llewellyns Augen strahlen, spricht sie vom Lohengrin als "mein Held, mein Retter", wie ihn Elsa erlebt. Dass sie diesen Mann nicht nach seinem Namen fragen darf, ihm komplett vertrauen muss, sei eine "unglaublich fatale Beziehungsgeschichte", auf deren Interpretation sie sich freut.