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Filmkunstpreis für Devid Striesow Bemerkenswert wandelbar

Devid Striesow gilt als einer der besten Schauspieler seiner Generation. Am morgigen Sonntag wird er in Genthin mit dem Filmkunstpreis Sachsen-Anhalt geehrt.

Von Grit Warnat 18.10.2014, 03:05

Magdeburg/Genthin l Devid Striesow kommt heute aus Rom zurück. Beim Internationalen Rome Film Festival feierte die Produktion "Wir sind jung. Wir sind stark" ihre Weltpremiere. Striesow war vor Ort, er gehört zum Schauspielerensemble. Am morgigen Sonntag ist er wieder auf einem Festival zu Gast. In Genthin. Zu den 4. Filmkunsttagen erhält er den Filmkunstpreis Sachsen-Anhalt.

Festivals gehören längst zum Alltag des 41-Jährigen. Striesow, 1973 in Bergen auf Rügen geboren, aufgewachsen in Rostock, Schauspielschule "Ernst Busch" in Berlin, Theaterspiel, Kinodebüt im Jahr 2000 in Rainer Kaufmanns Ingrid-Noll-Verfilmung "Kalt ist der Abendhauch", kann nicht nur eine zahlenmäßig stattliche, sondern auch eine in qualitativer Hinsicht beachtliche Filmografie vorweisen.

Es ist nicht vermessen zu behaupten, dass Fernsehzuschauer des öffentlich-rechtlichen TV das Gesicht Striesows kennen. Er war mehr als ein Jahrzehnt als Jan Martensen an der Seite der knurrigen Bella Block, gespielt von Hannelore Hoger, er geht als Kommissar Stellbrink im runderneuerten saarländischen "Tatort" auf Täterjagd, war im "Kriminaldauerdienst" im Einsatz, hatte Rollen im "Polizeiruf 110", bei "Kommissarin Lucas", in Fernsehfilmen wie "Blaubeerblau", "12 heißt: Ich liebe Dich", "Karol Wojtyla".

Fernsehen und Kino, Striesow ist überall präsent. 2007 hatte er Hauptrollen gleich in zwei Wettbewerbsfilmen auf der Berlinale. Seine Rollen in "Yella" und "Die Fälscher" waren grundverschieden. In einer Produktion war er Investmentbanker, in der anderen NS-Offizier. Beide Rollen stehen aber für Striesows schauspielerische Leistung. "Wenn Devid Striesow auftaucht, weiß man nicht, was einen erwartet", schrieb die Frankfurter Allgemeine.

Das Spiel mit Augenbraue und Mund

Er ist bemerkenswert wandelbar, verkörpert einen linientreuen DDR-Polizisten ("Sputnik"), zynischen Unternehmensberater ("Zeit der Kannibalen"), den Nazi-Offizier in Stefan Ruzowitzkys Film "Die Fälscher", für den er als Bester Nebendarsteller mit dem Deutschen Filmpreis geehrt wurde. Und dann wandert er als Hape Kerkeling in "Ich bin dann mal weg" auf dem Jakobsweg.

Seine DDR-Polizisten-Rolle in "Sputnik", in Sachsen-Anhalt gedreht, im vergangenen Jahr bei den Filmkunsttagen gezeigt, war Auslöser für Gespräche, für die Ehrung, für die Werkschau. Mit "Traumland" sind am Mittwochabend im Studiokino Magdeburg die Filmkunsttage gestartet. Zu sehen sind außerdem "Drei", der Episodenfilm "Lichter" von R. Hans-Christian Schmid und "Zeit der Kannibalen", der auch nach der Preisverleihung in Genthin über die Leinwand flimmern wird.

In "Drei" (Regie von Tom Tykwer) zeige Striesow, dass er nicht einmal eine Augenbraue bewegen müsse, um in seinem Gesicht Gier, Lust, Spaß, Boshaftigkeit und vor allem auch ein bisschen Irrsinn gegeneinander antreten zu lassen, schrieb die "Süddeutsche Zeitung". Meist aber spielt Striesow, der Mann mit den blauen Augen und den Pausbacken, mit seinen Augenbrauen, mit seinem Mund. In "Traumland" wirkt er unbescholten, unschuldig, ja fast schüchtern, als er seine schwangere Frau anblickt, die ihn sehr geradeheraus fragt, warum er eigentlich zu einer Prostituierten gehe. Scheinheilig schaut Striesow als betrügender Ehemann - scheinheilig wie die Gesellschaft.

Hat sich Hollywood schon gemeldet, hatte die "Frankfurter Allgemeine" Striesow in einem Interview gefragt und er hatte geantwortet: "Ja, Woody Allen hat vergangenen Sommer angerufen, ob ich nach Frankreich komme für seinen neuen Film. Es ist aber nicht zustande gekommen, weil ich keine Zeit hatte."