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Lieder-Abend mit Armin-Mueller Stahl Musikalität der leisen Töne

"Es gibt Tage..." - so der Titel des konzertanten Liederabends von Armin
Mueller-Stahl im Magdeburger Opernhaus - die man nicht so schnell,
vielleicht auch nie vergisst. Der Sonnabendabend war so einer.

Von Rolf-Dietmar Schmidt 19.01.2015, 01:23

Magdeburg l Die vier Herren reiferen Alters mit Hut, die an diesem Abend mit ihrer Musik das Publikum in einem bis auf den letzten Platz besetzten Opernhaus vollends in den Bann schlagen, mögen sehr verschieden sein. Was sie jedoch eint, ist eine atemberaubende Musikalität der leisen Töne, eine Art Seelenverwandtschaft in der Interpretation und eine gehörige Portion Respekt vor den musikalischen Leistungen des anderen. Und dabei sind Armin-Mueller Stahl und Günther Fischer sicher die herausragenden Größen, ordnen sich aber fast bescheiden in das Gefüge mit dem genialen Tobias Morgenstern am Akkordeon und mit dem nicht minder beeindruckenden Tom Götze am Kontrabass ein.

Über Armin-Mueller Stahl, den Grand Seigneur unter den Schauspielern in Hollywood und Deutschland, Worte zu verlieren, erübrigt sich. Dass er auch als Komponist und Texter, als konzertanter Geiger, der selbst vor Paganini nicht zurückschreckt, als Maler und Schriftsteller zu den ganz Großen unter den deutschen Künstlern zählt, ist schon weniger bekannt.

Schon damals war es die Musik, die ihm näher lag

Auf seiner Tour "Es gibt Tage..." stellt er Lieder aus 45 Jahren vor, die er gemeinsam mit Günther Fischer aufgearbeitet hat. Sie entstanden in den Jahren, als er außerordentlich erfolgreich in der DDR einen Film nach dem anderen drehte, ständig im Fernsehen mit einer "Straßenfeger"-Serie zu sehen war, und sich dennoch von den Machthabern nie vereinnahmen ließ. Schon damals war es die Musik, die ihm eigentlich viel näher lag als alle anderen Ausdrucksformen des künstlerischen Multitalents. Seine Lieder waren den Herrschenden allerdings suspekt und wurden nie öffentlich aufgenommen. Das hat der 84-Jährige nun nachgeholt und stellt sie - eines schöner als das andere - auf seiner Tour vor.

Sein Freund und Weggefährte Günther Fischer hat dabei kräftig mitgewirkt. Was Armin Mueller-Stahl für Hollywoods Filmindustrie unter den Schauspielern, das ist dort ebenso Günther Fischer für die Filmmusik. Für etwa 250 Filme mit allen großen Weltstars hat er die Musik geschrieben. Auch seine Karriere begann in der DDR, wo er mit der Komposition für "Solo Sunny" wohl eine der anrührendsten Filmmusiken überhaupt schuf.

Einen Liederabend mit zwei solchen Legenden, die ohne Zweifel zu den größten deutschen Künstlern unserer Zeit gehören, auf musikalischer Augenhöhe zu gestalten, das setzt höchste Ansprüche voraus. Tobias Morgenstern, Akkordeonist, Komponist, Arrangeur und Produzent, der seit den 90er Jahren auch als Komponist von Filmmusiken auf sich aufmerksam machte, erfüllt dies voll und ganz. Er setzt mit seinem Instrument häufig eigene kleine Kontrapunkte als musikalischen Kommentar, um im nächsten Moment mit dem Volumen einer ganzen Kirchenorgel den Raum zu füllen.

Lieder mal anrührend, dann wieder voller Humor

Tom Götze zählt am Kontrabass ebenfalls zu den Großen seines Fachs. Seit zwei Jahren ist er Honorarprofessor an der Musikhochschule "Carl-Maria von Weber" in Dresden.

Die Lieder von Armin Mueller-Stahl, mal nachdenklich anrührend, dann wieder voller Spaß und Humor, oft auch politisch, verbunden mit dieser musikalischen Sonderklasse, faszinierten vor allem durch ihre Ursprünglichkeit. Jedes Wort des Künstlers, gesprochen oder gesungen, entsprang glaubhaft seiner Lebenswirklichkeit, den Zweifeln, den Ängsten und dem starken Willen, das Lebensgeschick in die eigenen Hände zu nehmen.

"Bin der Gaukler 60 Jahre..." singt Armin Mueller-Stahl rückblickend auf sein Leben in einem seiner Lieder, "mal ein Narr, mal ein Bettler, mal ein König". An diesem Abend war er vor allem der König der Herzen der Zuschauer, die ihm voller Begeisterung zuflogen. Mit stehenden Ovationen dankte das Publikum für diesen außergewöhnlichen Kunstgenuss. "Es gibt Tage...", von denen man sich wünscht, dass sie nicht enden mögen.