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Kabarett-Soloprogramm Sebastian Hengstmann: "Ich will wissen, ob ich das kann"

23.01.2015, 01:06

Magdeburg | Der Kabarettist Sebastian Hengstmann schlägt ein neues Kapitel seiner Laufbahn auf: Solo. Am 28. Januar ist Premiere. Für die Volksstimme sprach Gisela Begrich mit Sebastian Hengstmann.

Volksstimme: Sebastian, warum sind Sie Kabarettist geworden?
Sebastian Hengstmann: Durch die Prägung, klar. Kabarett hat in unserer Familie ja Tradition. Aber es gab keinen Plan. Es hat sich einfach so ergeben. Ein wichtiger Anstoß kam von Hans Günther Pölitz. Zur Silberhochzeit unserer Eltern, die in der Zwickmühle stattfand, hatten Tobias und ich ein Programm erarbeitet. Das gefiel Pölitz und am 8. November 2003 hatte unser erster eigener Kabarettabend "Bruder schafft" Premiere. Von da an schien es logisch, in Vaters Fußstapfen zu treten.

Also war Ihre Kabarett-Karriere vor allem ein Ergebnis der familiären Vorbelastung?
Nicht allein: Zugespitzt gesagt, ich bin Kabarettist geworden, weil ich nichts richtig kann. Ich bin kein so guter Schauspieler und kein so guter Sänger. Ich bin kein guter Komponist und kein guter Schreiber. Aber als Kabarettist muss man von all dem etwas können und das kann ich. Und ganz wichtig, ich habe eine Haltung. Ich habe schon immer versucht, Leute davon zu überzeugen, was ich denke. Ich möchte unterhaltsam erklären, wie etwas in Gesellschaft und Politik ist.

Gibt es Vorbilder für Sie?
Kurz und knapp: Drei große P, Papa, Pölitz und Pispers.

Bisher lief es im Team doch gut. Warum nun solo?
In Gemeinschaft mit anderen ist man zu Kompromissen gezwungen. Das geht gar nicht anders. Man muss aber immer auch mal etwas Neues ausprobieren. Ich schreibe den Text allein. Ich stehe allein auf der Bühne. Ich will mal nur machen, worauf ich Lust habe, was mir Spaß macht. Und wenn es gut wird und wenn das Publikum Ja sagt, dann hat das zusätzlich ganz geschäftspraktische Vorteile: Wir sind variabler in der Ansetzungspolitik.

Haben Sie eine Vision für Ihr Solo?
Ich werde auf der Bühne stehen und erzählen. Es gibt auch vier, fünf Lieder, die ich getextet und komponiert habe, und natürlich einen Auftritt der Maltefigur, aber im Wesentlichen werde ich reden, über Politik reden. Es wird reines politisches Kabarett. Fast jeder Gag hat einen politischen Hintergrund.

Ich habe genug Erfahrung um zu wissen, wie Humor funktioniert und wie so ein Abend gestaltet werden muss. Ich habe so viel zu sagen. Und ich will wissen, ob ich das kann, zweimal eine Stunde Leute zu fesseln. Und ich glaube, dass ich auch allein lustig sein kann, aber das weiß ich nicht und ich will es wissen. Das Publikum entscheidet.

"Humor ist das, was uns von Extremisten unterscheidet" - Sebastian Hengstmann, Kabarettist

Sie sind 36. Sie haben also noch eine lange Karriere vor sich. Findet Kabarett noch 30 Jahre statt?
Zunächst mal: Satire wird definitiv nie sterben. Satire ist eine Form der Meinungsfreiheit. Gerade im aktuellen Kontext, wenn man sich die Ereignisse in Paris ansieht. Humor ist schließlich das, was uns von den Extremisten unterscheidet. Und die gibt es seit Jahrhunderten, ja seit Jahrtausenden. Wir finden sie heute in der Musik, in der Literatur, in der bildenden Kunst, im Film und auf der Bühne natürlich. Und diese Idee, dass es Kabarett nicht mehr gibt, dass das kaum mehr einer macht, ist alles Unsinn. Es ist eine Nischenkunst und wird, von der Bühne und von den Zuschauerzahlen her gesehen, auch eine bleiben. Aber geben wird es Kabarett wahrscheinlich immer.

Und persönlich, sagen Sie, von heute aus gesehen, auch in 30 Jahren mache ich noch Kabarett, wo und wie auch immer?
Davon gehe ich aus. Solange Leute mich sehen wollen und dafür auch Geld ausgeben, bleibe ich dabei. Ich habe mich, wie gesagt, nicht bewusst dafür entschieden, Kabarettist zu werden, aber als ich mich dann entschieden hatte, war das eine endgültige Entscheidung.