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Maler-Ranking Kunstkompass sieht Gerhard Richter als Nummer eins

26.03.2015, 01:26

Köln (dpa) l Gerhard Richter (83) ist Superlative gewohnt. Er gilt als der teuerste lebende Maler der Welt. In nahezu allen Rankings der wichtigsten Künstler belegt er Platz 1 - so auch im aktuellen Kunstkompass (sie Infokasten).

Richter lebt zurückgezogen im Villenviertel Köln-Hahnwald. Bedeuten ihm die Rankings noch etwas? "Als der Kunstkompass aufkam, hat es mich schon interessiert, ob ich dazugehöre", sagt Richter. "Aber das lässt dann nach, und wenn ich nicht extra darauf aufmerksam gemacht würde - wie jetzt - wüsste ich gar nichts davon."

Richter belebte klassische Genres wie Landschaften, Seestücke, Porträts, Aktbilder oder Stillleben neu und wandte sich mit seinen verwischten Fotogemälden gegen die scheinbare Objektivität der Fotografie. Sein Platz in der Kunstgeschichte ist gesichert - um das zu wissen, braucht man kein Ranking. Was also ist Sinn und Zweck einer solchen Rangfolge?

"Das hat damit zu tun, dass viele Leute Kunst als Geldanlage sehen, und das sind ja nicht unbedingt Fachleute für Kunst", meint Gerhard Finckh, Direktor des Von-der-Heydt-Museums in Wuppertal. "Vielmehr sind das einfach wohlhabende Menschen, die sagen: Neben meinen Aktien, neben meinen Häusern, meinem Boot und meinen Rennpferden hab ich eben auch Kunst, und diese Kunst soll bitte auch mehr wert werden." Dafür bräuchten sie Handreichungen - und diese Funktion erfüllten die Rankings. "Für Leute, die keine Ahnung von Kunst haben, ist so ein Ranking schon hilfreich. Für alle anderen nicht."

Was die Frau hinter dem Kunstkompass naturgemäß anders sieht. Sie heißt Linde Rohr-Bongard, lebt in Köln und hat den Kunstkompass einst von ihrem verstorbenen Mann Willi Bongard übernommen. "Man gibt doch eine Art von Transparenz über den Kunstbetrieb", sagt sie. Rohr-Bongard legt Wert darauf, dass in ihre Wertung keine Auktionspreise einfließen. Der Kompass spiegele nicht den Markt, sondern die Bedeutung, die einem Künstler von den Kennern zugemessen werde, etwa von Ausstellungsmachern und Rezensenten. Als Beispiel nennt sie Joseph Beuys (1921-1986), der auf der Liste der verstorbenen Künstler immer ganz vorn mit dabei ist, obwohl seine Werke nicht so hohe Preise erzielen wie etwa Warhol oder auch Richter. Interessanter als die ersten 100 seien außerdem die Veränderungen dahinter: Da sehe man dann, wer im Kommen sei. Und das sei doch nun wirklich interessant.