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Keimzeit in Magdeburg Esel, All und eine Oma

18.06.2015, 01:13

"Auf einem Esel ins All" heißt das neue Album von Keimzeit, das die brandenburgische Band am 3. Juli in der Festung Mark mit einem Konzert vorstellen wird. Grit Warnat hat mit Nobert Leisegang, Sänger und Texter von Keimzeit, über das Album, poetische Texte und die neue Besetzung gesprochen.

Volksstimme: Der Albumtitel ist sehr außergewöhnlich. Warum haben Sie sich für "Auf einem Esel ins All" entschieden?
Norbert Leisegang: Der Titel ist wirklich etwas Besonderes, aber für uns war es vor allem eine griffige Zeile aus dem Song. Unser Leben ist oft so pragmatisch, das möchte man nicht auch noch in der Musik so haben. In der Musik und bei einem Album hat man die Möglichkeit, seine Flausen zu leben. Das haben wir getan. Aber am Ende geht es in den Songs um Alltägliches, nämlich um all die Dinge, die um mich herum passieren, die ich aufnehme und die mir erwähnenswert scheinen.

Es geht aber nicht ums All.
Auch nicht um einen Esel. Es geht dabei um eine Episode, die ich in Berlin erlebt habe. Eine Oma hat nach ihren Zigaretten gesucht, und die Enkel merken, dass die Oma nicht mehr ganz durchsieht und helfen ihr.

Esel, All, Oma, Enkel. Sie setzen sehr auf die Fantasie Ihrer Fans. Wie viel Fantasie brauchen Ihre Zuhörer für Ihre Botschaften?
Ich setze überhaupt nichts voraus. Ich freue mich aber, wenn ich einen Song geschrieben habe und sich die Hörer daraus ihre ganz eigenen Geschichten basteln. Ich spiegele in meinen Texten etwas wider und merke, dass das immer wieder gut angenommen wird. Klar, andere sagen, der Leisegang schreibt kryptische Texte, da komm ich überhaupt nicht mit.

Sie sind vielmehr ein sehr poetischer Schreiber. Und sie komponieren. Wie wichtig ist Ihnen der Text, wie wichtig die Musik?
Für mich haben Text und Musik Parität. Natürlich muss ein Song auch einen guten Sound, ein gutes Arrangement haben. Ich bin da extrem angewiesen auf die Arbeit meiner Mitstreiter, allen voran Andreas "Spatz" Sperling. Er ist musikalisch-stilistisch sehr sattelfest. Am Ende soll ein Song gut klingen, er muss sexy sein. Wenn man dann auf den Text hört, sich inspirieren lässt, bin ich glücklich.

Die Band präsentiert sich auf dem Album mit verschiedenen Stilrichtungen. Wollen Sie sich breiter aufstellen?
Wir haben uns stilistisch immer sehr breit bewegt. Das geht von osteuropäischer Zigeunermusik über lateinamerikanische Rhythmen, jazzige Passagen bis zum Rock \\\'n\\\' Roll. Wir bedienen uns überall dort, wonach uns ist. Das haben wir auch bei unserem elften Album so gehandhabt. Ich finde, es ist wieder ein Keimzeit-Album geworden.

War das diesmal besonders schwierig? Sie haben ja eine neue Besetzung.
Ich hatte nicht wirklich Sorge, aber doch Bedenken. Wir haben drei neue Leute, Martin Weigel an der Gitarre, Sebastian Piskorz am Flügelhorn und Lin Dittmann, der mit dem Schlagzeug sehr für den Klang des Albums steht. Heute weiß ich, sie haben die Keimzeit-Chemie bereichert und bringen eigene Farben zum Leuchten.

Es ist Ihr erstes Album in Eigenregie. Was ist daran das Besondere?
Es war bis dato immer sehr nützlich, noch einen Regisseur, einen Produzenten einzubeziehen. Uns fiel manchmal nicht auf, wie man bestimmte Dinge komprimieren kann, wie man Aussagen noch klarer und deutlicher trifft. Diese Arbeit passiert immer im Studio. Dafür haben wir uns gern nach draußen bewegt, draußen heißt außerhalb Deutschlands. Wir sind nach Brüssel oder Andalusien gegangen. Das hatte auch den Vorteil, dass wir Musiker für Wochen abseits des Alltags waren und wir uns voll auf das Album konzentrieren konnten. Diesmal wollten wir das wieder tun, ich hatte auch schon ein Studio in Island im Blick. Aber als wir nach den ersten Aufnahmen in der brandenburgischen Abgeschiedenheit deutlich merkten, dass alles sehr handfest und überzeugend war, sind wir im Scheunenstudio Wiesenhagen geblieben.

Werden die Besucher Ihres Konzertes all das dort Entstandene hören?
Wir spielen zweieinhalb Stunden, 28 Songs, da ist das aktuelle Album inkludiert. Aber um bestimmte Klassiker kommen wir nicht herum.

Sie spielen "Kling Klang".
Natürlich. Auch "Singapur" und "Maggie". Einiges fischen wir aus dem großen Pool der Keimzeit-Songs heraus wie "Das Kleinod", was wir schon lange nicht mehr gespielt haben, und geben einen musikalischen Einblick in das Ballett-Band-Projekt in Gera (das Thüringer Staatsballett und Keimzeit bringen gemeinsam ein Ballett auf die Bühnen der Stadt Gera, d. R.). Und dann hat jeder Musiker noch seinen Wunschsong.

Welcher ist Ihrer?
Ich wünsche mir ganz sicher einen Titel aus unserem neuen Album.